Start Sozialwissenschaften
Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
|
|
|||||
9.2 AusblickDie vorliegende Einzelfallstudie erhellte spezifische Bedingungen, die die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte im untersuchten Einzelfall des qualitativen Samples plausibilisieren konnten. Analytisch interessant am Ergebnis sind die identifizierten universellen Sinnstrukturen und Ordnungsprinzipien, die auf andere Kontexte übertragbar sind (vgl. Schwinn 2009: 44) und in diesem Sinne einen Betrag zu den eingangs formulierten Forschungsdesideraten leisten (vgl. Abschnitt 3.4). Ein Beitrag zur wirtschafts- und unternehmensethischen Forschung konnte durch die empirische Plausibilisierung der Annahme eines Spannungsfeldes zwischen Ökonomie und Moral geleistet werden. In Unternehmen wird den Ergebnissen der vorliegenden Studie zufolge die Adressierung ethischer Erwartungen an Wirtschaftshandeln von Entscheidern sowie Mitarbeitern auf operativer Ebene wahrgenommen. Im Rahmen der Analyse konnten Trägergruppen, Adressierungspraxen und Deutungsmuster adressierter Erwartungen rekonstruiert werden. Für zukünftige Forschungen im Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensethik wäre eine Vertiefung dieser Themen im Hinblick auf zwei Perspektiven interessant. Ein interessantes Forschungsdesiderat ist die Rekonstruktion des institutionellen Feldes, in dem die Konkretisierung ethisch-moralischer Erwartungen an Unternehmen entwickelt und adressiert wird. Interessant ist ebenso eine Ausweitung der hier vorgenommenen Einzelfallbetrachtung wahrgenommener Erwartungsadressierung. Sind die identifizierten Deutungsmuster typisch für die hier untersuchten Unternehmen oder lassen sie sich darüber hinaus nachweisen? Als Beitrag zur Korruptionsforschung wurde nachvollzogen, in welcher Weise ein werteorientiertes Programm zur Korruptionsprävention umgesetzt wurde und welche Wirkmächtigkeit es zu entfalten vermag. Deutlich wurde, dass Korruption, im hier aufgefassten Sinne als rational erscheinende Organisationslogik, als Entscheidungsdilemma von Entscheidern und Mitarbeitern wahrgenommen wird. Korruptionsprävention in dieser Erscheinungsform erschien dabei plausibel als werteorientierte Normsetzung und Normdiskussion möglich, bei der die Ursachen für Dilemmasituationen erhellt und, autoritativ abgesichert, geregelt werden. Unternehmensethische Managementkonzepte können als Sozialtechnologien diese Funktion übernehmen. Unter welchen Bedingungen dies möglich erscheint, erhellte die einzelfallbezogene Rekonstruktion der Implementation eines unternehmensethischen Managementkonzepts. Als Beitrag zur Implementationsforschung zeigen die Ergebnisse, dass diese als innovativ zu bewertenden Konzepte dann eine Chance haben wirkungsmächtig relevant zu sein, wenn zwei Bedingungen bei ihrer Implementierung erfüllt sind: 1) Sie müssen in Form von Macht-, Legitimations- und Signifikationsstrukturen im Unternehmen verankert sein um ordnungsrelevante Geltung im Alltag der Mitarbeiter zu entfalten. 2) Sie müssen konkrete Bezugnahmen zu alltagsrelevanten Sachoder Verfahrensentscheidungen erlauben um sinnhaft anschlussfähige Handlungsoptionen bereitzustellen. Die Frage, welche Leitideen und Handlungsrationalitäten das Verhalten von Mitarbeitern in Unternehmen anleiten ist also nicht nur, wie ursprünglich angenommen, auf den alltagspraktischen Sinnkontext zu beziehen. Vielmehr ist dieser differenziert im Hinblick auf das mit ihm verbundene Handlungsproblem zu betrachten. Im Umkehrschluss bedeutet das: Konzepte zur Korruptionsprävention sind so zu entwickeln, dass sie für sachsowie verfahrensbezogene Handlungsprobleme Orientierung bieten. Diese Ergebnisse erhellen, wie von Staffhorst in ihrer Theoriekritik von Wielands Neuer Organisationsökonomik eingefordert, die Wirkungszusammenhänge zwischen Struktur- und Handlungsebene. Die von Wieland vorgeschlagene Bearbeitung des Wertekonflikts auf der Unternehmensebene (vgl. Abschnitt 2.1.3) erscheint in Anbetracht des Ergebnisses, dass Integrität sowie Wirtschaftlichkeit als geltende Leitideen auf der alltagspraktischen Ebene Geltung beanspruchen und von den Mitarbeitern als Spannungsverhältnis wahrgenommen werden, zu kurz. Eine Implementierung unternehmensethischer Leitideen auf formalstruktureller Ebene belässt sowohl Sinnals auch Ordnungsbedingungen auf einer allgemeinen Unternehmensebene und stellt keine alltagsrelevanten Bezugnahmen her. Ordnungsbezogene Veränderungen auf struktureller Ebene werden jedoch erst handlungswirksam, wenn sie auf der Ebene von Wertorientierungen und Handlungsroutinen sinnhaft anschlussfähig gestaltet werden. Eine handlungsrelevante Implementierung innovativer Ideen, wie unternehmensethische Managementkonzepte, muss daher einer Prozessperspektive folgen, die Rationalitätskriterien in ihrer alltagslogischen Bezugnahme in den Blick nimmt. |
<< | INHALT | >> |
---|
Related topics |