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Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
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6.4.3 Unternehmensethik als wertebezogener GrundsatzEine dritte Gruppe von Äußerungen thematisiert Unternehmensethik um ihrer selbst willen als notwendige wertebezogene Grundregeln. Auch hier wird die Stabilität der Organisation als Ordnungsproblem thematisiert – allerdings unter der Annahme der Notwendigkeit universeller Verhaltensmaßstäbe, die soziales Handeln grundsätzlich anleiten sollten. Im Gegensatz zu den oben dargestellten Prinzipien, die organisatorische Logiken im Sinne ökonomischer Rationalität oder sozial anerkannter Strukturen unterstützen sollten, tritt hier die ökonomische Logik partiell hinter dem Anspruch wertebezogener Grundsätze zurück. Letztere werden sogar als mögliches Korrektiv ökonomischen Gewinnstrebens gedeutet. Wie in den oberen beiden Gruppen, so lassen sich auch diese Äußerungen differenziert nach Trägergruppen beschreiben. „Zehn Gebote“: Existenz grundlegender Handlungsprinzipien Im Kontext wahrgenommener Erwartungsadressierung von Trägergruppen mit unmittelbaren Unternehmensbezug äußern die Befragten sehr deutlich die Orientierung an universell gültigen Verhaltensstandards wie die „Zehn Gebote“ (siehe u. a. FB: 365, VB: 396). Zur Begründung folgen sie keiner organisationsbezogenen Logik, sondern beziehen sich auf kulturell verankerte Grundsätze (vgl. 6.2.1). Die deutlichen, zum Teil emotional geäußerten Erwartungen an wertekonforme Handlungsorientierung, äußern die Befragten mit Bezugnahme auf ihren konkreten alltäglichen Handlungskontext. „gehört mit zu unserer … Kultur“: Korrigieren des Gewinnstrebens In der Gruppe dieser Äußerungen ist die Deutung der Orientierung an gültigen Werten im Kontext wirtschaftlichen Handelns auffällig: Das „gehört mit zu unserer … Kultur“ (FJ: 365f). Die Bezugnahme zu Trägergruppen wird in den Äußerungen dieser Gruppe nicht so eindeutig thematisiert wie in den vorher referierten Bezügen. Hier wird auf Gesellschaft als Allgemeinbegriff referenziert[1] und die Erwartung an integres Wirtschaften formuliert, das im Bedarfsfall kapitalistisches Gewinnstreben korrigieren sollte[2]. Zusammenfassend konnte im Material die Dokumentation dreier unterschiedlicher Deutungsmuster externer Erwartungsadressierung nachvollzogen werden: - Unternehmensethik als ökonomisch-rationale Unternehmensstrategie - Unternehmensethik als im Feld übliches Managementkonzept - Unternehmensethik als wertebezogener Grundsatz Diese Deutungsmuster sind gleichmäßig im Material verteilt, d.h. es konnten keine soziotypischen Muster wie beispielsweise eine Verteilung nach Aufgabe, Position oder biographischem Kontext der Befragten identifiziert werden. In den Äußerungen der Befragten konnte im Gegenteil eine Parallelität dieser Muster nachvollzogen werden: Je nachdem, wie die Befragten ein Thema rahmten, referierten sie zur Plausibilisierung auf ökonomisch-rationale, sozial legitimierte oder wertrationale Begründungsstrukturen. Im Material konnten institutionalisierte Erwartungsstrukturen über die Identifikation von Trägergruppen und ihrer Beziehung zum Unternehmen empirisch nachvollzogen werden. Die Annahme, dass an Unternehmen nicht-ökonomische Erwartungen herangetragen werden, konnte damit für das vorliegende Sample empirisch bestätigt werden. Die für den Geltungskontext des Unternehmens als Ganzes dokumentierten Leitideen wurden als gleichwertige Orientierungsmuster identifiziert. Die Parallelität unterschiedlicher Leitideen in den Äußerungen der Befragten wird dabei als empirisches Indiz für ein vorhandenes Spannungsverhältnis zwischen ökonomischen und ethisch-moralischen Werten gedeutet. Grundsätzlich ist damit bislang empirisch jedoch lediglich die Möglichkeit eines Spannungsverhältnisses beschrieben für den Fall, dass Handlungsorientierungen in konkreten Kontexten mit Bezug auf mehr als eine Leitidee möglich sind. In diesem Fall würden mehrere Leitideen Geltung beanspruchen. Um diese Frage empirisch gestützt zu erörtern ist es notwendig, den Fokus der Analyse auf die Organisation zu richten. Wie werden auf der Ebene der Organisation Erwartungen externer Trägergruppen moderiert? Reagieren Organisationen darauf mit Entkopplung oder Veränderung von Prozessen und Strukturen? Damit sind die Fragen des zweiten Bezugsproblems, der Mesoanalyse angesprochen. Sie werden im folgenden Kapitel erörtert. |
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