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Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
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6.3.2 Unternehmen, Presse, Verbände und InteressengruppenErwartungen mehrerer Trägergruppen werden unter dem Vergleichshorizont einer aktuellen Trendwahrnehmung geäußert. Die Praxis der Orientierung an Standards im Feld[1] beschreiben die Befragten typischerweise als Austausch unter Kollegen in Arbeitsgruppen[2]oder auf Fachtagungen, die oft von Verbänden organisiert wird[3]. Bei der bereits benannten Trägergruppe „Unternehmen“ wird als typische Adressierungspraxis ein gegenseitiges „Anstacheln“(FI: 593) beschrieben, das im Letztelement nicht ökonomische Rationalität, sondern die Orientierung an der antizipierten Wahrnehmung im Feld beschreibt: „Ja, ja, ja ich glaub', das is [3] wie so vieles. Wie ISO 9001. [2] Ob man das wirklich brauch' is was anderes. [2] Aber +++ jeder muss es haben. Ne? Wertemanagement. Ob man es wirklich braucht? Ich bin der Meinung: ja. [2]“ (FI: 599-601) Unternehmen werden hier in der Rolle von Mitbewerbern thematisiert. In der Praxis des kollegialen Austauschs zwischen Fachexperten oder vermittelt durch die gegenseitige Wahrnehmung implementierter Strategien und Sozialtechnologien, werden aktuelle Praxen identifiziert und als Trend gerahmt. Kennzeichnend für diese Trendwahrnehmungen ist, dass auf sie rein beschreibend Bezug genommen wird. Die Adressierungspraxis der Trägergruppen wird als Beobachtung und Kommunikation beschrieben, im Gegensatz zur oben dargestellten unmittelbaren Praxis, die direkt in Unternehmensprozesse (z.B. durch Prüfpraxis) einzugreifen vermag. Auch die Bezugnahme zur Trägergruppe „Presse/Medien“ kann im Sinne dieser Adressierungspraxis gedeutet werden. Sie ist in ihrer Rolle als Trägerin einer öffentlichen Meinung im Material dokumentiert[4]. Ein typisches Beispiel dazu sind die Äußerungen des Befragten FA. Er beschreibt die Trenddeutung als „Zeitgeist“ und konkretisiert sie als wahrnehmbaren Strom der Auseinandersetzung mit der Thematik Integrität und Compliance. Er differenziert diese Deutung durch Verweis auf konkrete Printmedien und einen Zeitraum (circa drei Jahre), seit dem das Thema wahrnehmbar aktuell sei. FA schließt nach einer kurzen Beschreibungssequenz die Stellungnahme an, dass „man …. sich dem Zeitgeist nicht entziehen“ könne (FA1: 166). Er verstärkt diese Proposition unmittelbar durch eine wiederholende Konkretisierung: „Es gibt kein Unternehmen, was es sich leisten kann, sich nicht mit dem Thema zu beschäftigen“ (FA1: 166-168). Offen lässt FA dabei, worin dieser Bezug konkret besteht. Deutlich wird lediglich, dass Unternehmen in ihrer Praxis bezüglich Ethik und Compliance, von Trägergruppen wie Mitbewerbern oder Medien beobachtet werden. Neben der Presse als Trägergruppe von Erwartungsadressierungen, nennen die Befragten Interessengruppen und NGO's. Wie die Trägergruppe Presse verkörpern sie eine wahrnehmbare gesellschaftliche Öffentlichkeit: „Es ist so dass heute, wenn ich jetzt also Gesellschaft, wenn man also die Gesellschaft, das sind ja verschiedene, sind ja verschiedene, is ja nicht nur der Einzelne, der einzelne Bürger oder die einzelne Bürgerin. Sondern die Gesellschaft ist ja auch innerhalb von Organisationen.“ (VB: 1058-1061) Organisationen wie Transparency International, Partnering Against Corruption Initiative (PACI) des World Economic Forum, das Deutsche Netzwerk Wirtschaftsethik und das angegliederte wissenschaftlich ausgerichtete Zentrum für Wirtschaftsethik, aber auch Berufsverbände wie der Verband der Bayerischen Bauwirtschaft benennen die Befragten als konkrete Trägergruppen. Als typische Praxen der Adressierung werden Veranstaltungen (Vorträge, Tagungen, Arbeitsgruppen) aber auch formale Kommunikationsformen (Verpflichtungserklärungen, Verabschiedung von Standards, Gutachten und Ratings) genannt[5]. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Befragten Mitbewerber, Medien sowie Interessengruppen als Trägergruppen mit mittelbarem Bezug zum eigenen Unternehmen thematisieren. Die Adressierungspraxis dieser Gruppen wird als Beobachtung und Kommunikation beschrieben, d.h. die sichtbare Implementierung von Ethik- und Compliancekonzepten wird durch diese Trägergruppe von Unternehmen nachgefragt.
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