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Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
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6.3 Trägergruppen ethischer ErwartungenNachdem im vorherigen Abschnitt Deutungsregeln externer Erwartungen rekonstruiert wurden wird nun zu fragen sein, welche Gruppen als Träger dieser Adressierung im Material dokumentiert sind. Dazu werden nun folgend die Erwartungen dezidiert mit Blick auf Adressierungspraxen der Trägergruppen nacheinander je einzeln in den Blick genommen. 6.3.1 Unternehmen, Wirtschaftsprüfer und AnlegerAls Träger ökonomischer Erwartungen werden von Befragten typischerweise Gruppen genannt, zu denen eine reflexive Bezugnahme auf den Unternehmenskontext hergestellt werden kann. Die Adressierungsthemen und ihre Praxis erscheinen direkt anschlussfähig an die Logik unternehmensinterner Prozesse und entfalten daher unmittelbare Relevanz. Die Gruppe der Wirtschaftsprüfer[1] repräsentiert durch ihre Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen des Gesamtunternehmens[2] oder in Form von Sonderprüfungen durchzuführen, die ökonomische Logik der Erwartungsadressierung besonders. Die Prüfungsergebnisse entfalten in Form von Auflagen oder Unternehmensbewertungen unmittelbare Prozessrelevanz und werden daher explizit als „Treiber“ wahrgenommen: „Und jetzt. Wer sind die andern Treiber im Spiel? In den letzten Jahren zunehmend die +++ die sogenannten Wirtschaftsprüfer. Ja?“ (FA1: 52-54) Die Adressierungspraxis dieser Trägergruppe sind Prüf- und Beratungsroutinen, die sie in Form von Aufträgen für die jeweiligen Unternehmen wahrnehmen. Dadurch werden sehr konkrete, d.h. im Unternehmenssinne anschlussfähige Erwartungen formuliert. Zwei Entscheider rahmen die Einführung des jeweiligen unternehmensethischen Managementsystems direkt mit der Empfehlung dieser Trägergruppe: Im „Nachgang zu dieser Korruptionsaffäre gab's dann damals ein vom Aufsichtsrat losgetretenes Projekt. Construct and Prevent hieß das. Das haben die damaligen Jahresabschlussprüfer, die && (Name Wirtschaftsprüfungsunternehmen) haben des sehr stark initiiert“ (FN: 86-89). „Und wir hatten uns damals auf diesen Rat des Aufsichtsrates [2] bei Wirtschaftsprüfern umgesehen, die das damals schon in ihrem Angebot hatten, und ich hatte dann zufällig zu dem Thema Korruptionsprävention Herrn Wieland einmal bei einer Verbandsveranstaltung gehört. Und da hatte er eben diesen umfassenderen Ansatz vorgetragen.“ (VA: 71-75) In vergleichbarer Weise thematisieren auch die anderen Entscheider der Vergleichsgruppe diese Trägergruppe[3]. Die Adressierung von Erwartungen zwischen Unternehmen entfaltet sich im Rahmen der Lieferantenqualifizierung: „Gut. Also +++ Compliance wird von Un' wird erwartet mittlerweile. Es gibt ja auch viele Unternehmen, die mittlerweile das abfragen in der +++ Lieferanten +++ Evaluierung und Qualifizierung. Insbesondere größere.“ (VA: 86-88) Die Bezugnahme auf Ethik und Compliance wird im Zitat als Selbstpräsentation charakterisiert: Unternehmen, die sich um Aufträge bemühen, müssen Ethik- und Compliancestrukturen dokumentieren bzw. sich schriftlich auf Standards verpflichten. In diesem Kontext sind unternehmensethische Managementkonzepte als ökonomisch notwendige Kriterien der Marktteilnahme zu bewerten. Die Adressierungspraxis wird als Kommunikation („abfragen“(VA: 87), „appellativen Charakter“ (FA2: 643)) im Rahmen von Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren beschrieben („Evaluierung und Qualifizierung“ (VA: 88) von Lieferanten). In diesem Sinne wird auch die Adressierung der Trägergruppe „Anleger“ (Analysten, Investmentbanker, Aktionäre) von den Befragten thematisiert[4]. Zusammengefasst erscheinen die adressierten Erwartungen von Trägergruppen dieses Clusters direkt anschlussfähig an die Logik unternehmensinterner Strukturen und Prozesse. Davon unterscheiden sich Erwartungsadressierungen eines zweiten Clusters von Trägergruppen, die sich durch einen eher mittelbaren Bezug charakterisieren lassen. Das wird im folgenden Abschnitt erörtert.
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