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6.2.4 Rechtliche Anforderungen als wahrgenommene Erwartungen

Rechtliche Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns werden von Entscheidern wie EFS-Mitarbeitern mit dem Hinweis der Relevanz im Umweltbezug explizit geäußert. Folgende Schlüsselsequenz verdeutlicht den Bezug:

„Wesentlich is auch, dass man mittlerweile verstanden hat, dass das 'n dass diese Reputation da etwas zu tun eh ein Muss is, weil mittlerweile haben sich die ganzen Gesetzgebungsgeschichten ja geändert. Also BilMoG und was es da alles letztendlich gibt. Das Wort Compliance is in den deutschen Corporate Governance Codex aufgenommen worden, mittlerweile gibt's einen Entwurf wie die Jahresabschlussprüfer gute Compliance prüfen würden. Also sind alles Themen, die letztendlich ja auch notwendig sind. Und die auch 'ne externe Begründung erforderlich machen, warum +++ warum, warum man sich mit sowas auseinander setzt. Wobei die Frage sich zu stellen is, also jemand der in 'nem Unternehmen Verantwortung hatte, hatte schon immer die Verpflichtung Recht und Gesetz einzuhalten. Auch bevor es Compliance gab. Also insofern is es letztendlich auch nix Neues meiner Meinung nach.“ (FN: 434-445)

Das Zitat verdeutlicht ein typisches Argumentationsmuster, dass Compliance aus der Perspektive der Notwendigkeit rechtsgemäßen wirtschaftlichen Handelns begründet. FN rahmt eingangs das Thema als „Reputation“ und macht damit deutlich, dass die Wahrnehmung von Compliance als Etikett in der Darstellung nach außen üblich ist. Die sich veränderte rechtsnormative Erwartung hat der Wahrnehmung des Entscheiders FN gemäß auch zur einer Veränderung des Stellenwertes von Compliance in Unternehmen geführt. Er benennt die Normbezüge zwar nur allgemein, formuliert aber die Wahrnehmung, dass Wirtschaftsprüfer „gute Compliance prüfen“. Das Thema Compliance erhält mit der rechtsnormativen Verankerung einen konkreten Geltungskontext. Mit der Prüfungspraxis sind darüber hinaus Sanktionsmittel benannt. Damit wird Compliance zu einem Prinzip, das auch im externen Unternehmensbezug sichtbar wird. FN relativiert am Ende der Sequenz diese Bewertung durch die Stellungnahme, dass Verantwortungsübernahme im Unternehmen „schon immer“ rechtskonforme Orientierung verlangt habe und „nix Neues“ sei.

Diese Thematisierung äußern auch andere Befragte in vergleichbarer Weise[1]. Ethik und Compliance werden in dieser Perspektive als notwendige Handlungsmaßstäbe gedeutet, um wirtschaftlichen Risiken illegaler Praktiken präventiv zu begegnen

In der Analyse des Organisation-Umwelt Bezugs wurden vier stereotype Muster in den Wahrnehmungsäußerungen der Befragten deutlich: Ethik und Compliance werden wahrgenommen als unerlässliche und nicht hinterfragbare Grundregeln, ökonomisch notwendige Orientierungen, aktuelle Trends im organisationalen Feld sowie als rechtliche Anforderungen an Unternehmen. In der Rekonstruktion des Dokumentensinns wurden dabei Äußerungen zu wahrgenommenen Erwartungen meist in Bezug auf spezifische Trägergruppen formuliert. Im folgenden Abschnitt wird herausgearbeitet, welche Gruppen die Befragten als Träger spezifischer Erwartungen an Unternehmen wahrnehmen.

  • [1] Vgl. FG: 648-651, VA: 212-232, 561-564, VB: 539-543, VC: 460f, 567-578.
 
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