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Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
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3.4 Konsequenzen aus dem Stand der Forschung für die AnalyseZielsetzung des vorliegenden Kapitels war es, sich der Frage der Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte über den Stand der Forschung anzunähern. Ausgehend von der Beobachtung, dass Wertemanagementkonzepte im angenommenen Spannungsfeld zwischen ethisch-moralischen und ökonomischen Anforderungen an Wirtschaftshandeln vermitteln sollen – insbesondere mit der Wirkungserwartung der Korruptionsprävention – wurden drei Forschungsfelder zu Implikationen und Desideraten befragt, die die weitere Analyse anleiten sollen. Die wirtschafts- und unternehmensethische Forschung (vgl. 3.1) befasst sich originär mit dem Diskurs dieses Spannungsfeldes. Die Durchsicht theoretischer wie empirischer Studien bestätigte die Annahme der vorliegenden Arbeit, dass an Unternehmen neben ökonomischen auch nicht-ökonomische Erwartungen adressiert werden. Die Forschung lässt bislang jedoch offen, welche Trägergruppen als Adressaten wahrgenommen werden. Auch die Frage konkreter Themen, die an Unternehmen als Erwartungen herangetragen werden, beantwortet die Forschung bislang nicht. Sie klärt außerdem bislang nicht darüber auf, in welcher Weise die handlungswirksame Implementation eines unternehmensethischen Konzepts auf der Mesoebene der Organisation gelingen kann. Die Frage der Wirkung unternehmensethischer Konzepte wurde in der wirtschafts- und unternehmensethischen Forschung im Rahmen einer quantitativen Studie untersucht. Die Ergebnisse müssen jedoch vornehmlich aus methodischen Gründen kritisch bewertet werden. Relevant zur Bewertung der Handlungswirksamkeit von Wertemanagementkonzepten ist die Frage, ob sich soziales Handeln in Organisationen an dessen Normen oder an alternativen Ordnungsvorstellungen ausrichtet. Darüber kann die Studie nicht aufklären. Die Frage nach der Wirkmächtigkeit von Wertemanagementkonzepten muss vielmehr die Ebene von Deutungs- und Handlungsorientierungen betroffener Mitarbeiter einblenden. Das macht einen qualitativ-verstehenden Zugang zum Forschungsgegenstand notwendig. Die Korruptionsforschung (vgl. 3.2) bestätigt, dass Korruption, wie hier vorgenommen (vgl. 2.1.1), als soziales Phänomen aufgefasst werden kann. Organisationale Korruption kann dabei gekennzeichnet sein durch institutionalisierte Normalisierungsformen, die korruptives Verhalten rational erscheinen lassen. Während Korruption als sozialer Prozess gut erforscht ist, fehlen bislang Erkenntnisse dazu wie Präventionsprogramme in Unternehmen implementiert wurden und wie ihre Handlungswirksamkeit zu bewerten ist. Der Forschungsstand zur Korruption erhellt nicht nur neue Analyseperspektiven für das Korruptionsphänomen, sondern vor allem auch für die Analyse von Konzepten zur Prävention von Korruption, wie in der vorliegenden Arbeit. Aus den Forschungserkenntnissen ist abzuleiten, dass Strukturen und Prozesse ebenso wie soziale Beziehungen als Bedingungen zur Erklärung bzw. Prävention korruptiver Praxen einzubeziehen sind. Das bedeutet, dass ein Forschungsdesign zu entwickeln ist, welches Einstellungen und Handlungen organisationaler Akteure mit Bezug zum organisationalen Sinnkontext zu rekonstruieren und zu bewerten vermag. Die Erkenntnisse der Implementationsforschung (vgl. 3.3) haben verdeutlicht, dass die Aneignung innovativer Ideen, wie die ethisch-moralischer Normen im Unternehmen, eine Analyseperspektive als notwendig erachten lässt, die eine Prozessperspektive auf der Ebene konkreter, d.h. kontextualisierter Handlungspraxis einblendet. Die Frage, ob die Einführung eines unternehmensethischen Konzepts organisationale Prozesse und Strukturen handlungswirksam zu verändern vermag, wurde hier bislang nicht untersucht. Die Implementationsforschung birgt wichtige Implikationen für eine theoretische Fundierung und darauf aufbauende Entwicklung des methodischen Vorgehens der vorliegenden empirischen Untersuchung: Für die theoretische Fundierung von zentraler Bedeutung sind demnach neben der Betonung der Prozessperspektive vor allem die organisationsspezifischen Rahmenbedingungen der Implementation, die in den Blick zu nehmen sind. Des Weiteren sind Akteure in der Organisation in ihrer jeweils spezifischen Rolle in Hinblick auf den Implementationsprozess zu beachten und zuletzt ist die Erkenntnis der Pfadabhängigkeit wesentlich, die die Prozessperspektive noch einmal besonders unterstreicht. Für die vorliegende Arbeit leiten sich aus dem Stand der Forschung zusammenfassend sowohl Implikationen zur Anlage der Analyse als auch Desiderate ab. Die nachfolgende Tabelle fasst diese Perspektiven zusammen:
Tabelle 1: Forschungsdesiderate und Implikationen für die Analyse Quelle: Eigene Darstellung Die Frage der Wirkung unternehmensethischer Managementkonzepte mit dezidiert korruptionspräventiver Zielsetzung ist bislang unbeantwortet. Die identifizierten Forschungsdesiderate konkretisieren die Fragestellung der vorliegenden Studie. Das eingangs formulierte Anliegen, diese Frage mit dem soziologisch konnotierten Begriff der Wirkmächtigkeit zu erörtern, erscheint in Anbetracht der dargestellten Forschungsergebnisse sehr plausibel. Die befragten Forschungsbereiche lassen die Frage der Handlungswirksamkeit dieser Konzepte bislang unbeantwortet. Deutlich wurde dagegen, dass diese Frage in Bezug zum handlungspraktischen (organisatorischen) Kontext gesehen werden muss. Dieser muss wiederum – deutlich u.a. im Fall des angenommenen Spannungsfeldes – als eingebettet in Umweltbezüge aufgefasst werden. Die Frage der Handlungswirksamkeit umfasst demnach drei interdependente Betrachtungsebenen, die analytisch mit den Begriffen Umweltbezug (Makro), organisatorische Mesobezüge und handlungsbezogener Mikroebene beschrieben werden können. Eine empirische Analyse der Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte muss diese Ebenen durch eine theoretische Fundierung analytisch anleiten. Dazu muss eine theoretische Grundlegung erarbeitet werden, die alle drei Betrachtungsebenen theoretisch begründet zusammenführt und ihren Bezug zur Forschungsfrage darlegt. Das wird im folgenden Kapitel vorgenommen. Dort wird ein theoriegeleitetes Forschungsprogramm entwickelt, das die hier herausgearbeiteten Implikationen integriert und die identifizierten Desiderate als forschungsleitende Thesen begründet. |
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