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Die Wirkmächtigkeit unternehmensethischer Managementkonzepte
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2.2.2 IntegritätDer Begriff der Integrität wird in der unternehmensethischen Diskussion sowie in Wertemanagementkonzepten als wünschenswerte Orientierung aufgefasst, die individuelle sowie korporative Akteure im Rahmen einer moralsensiblen Unternehmenskultur ausbilden sollen. Hinter diesem normativen Anspruch steht die Annahme, dass durch die Ausbildung von Integrität bei individuellen oder kollektiven Akteuren, Korruption präventiv entgegenzuwirken sei (vgl. Wieland und Fürst 2002; Wiehn 2004: 229f). Integrität wird dabei zum einen im Sinne einer Tugend als individuelle Disposition aufgefasst (vgl. Wieland 1996: 20). Zum anderen als handlungsorientierende Leitidee in Organisationen, die es im Rahmen einer als Institutionenpolitik verstandenen Führungsstrategie zur entwickeln gilt (vgl. Staffhorst 2010: 205ff). Um für die vorliegende empirische Arbeit Deutungen und Handlungen im Sinne integrer Orientierungen rekonstruieren zu können ist es notwendig, den Integritätsbegriff, der in der Unternehmensethik eher unspezifisch im Sinne einer Werthaltung verwendet wird, zu konkretisieren. Etymologisch betrachtet, birgt der Begriff zwei Bezugnahmen. Gründend im lateinischen Begriff integritas umschreibt Integrität, in seiner Wortbedeutung als Unversehrtheit und Reinheit, einen Selbstbezug des Individuums. In seiner Bedeutung im Sinne von Redlichkeit und Uneigennützigkeit wird auch die Bezugnahme zur sozialen Umwelt des Individuums beschrieben. Ein Verständnis von Integrität, dass beide Bezüge als interdependente Dimensionen auffasst, erscheint für die vorliegende Analyse zielführend. Dazu wird Integrität in Anlehnung an Kaptein und Wempe (2002) definiert die einen Begriff vorschlagen, der einen Selbst- und Umweltbezug in einem Konzept verbindet. Die Autoren beschreiben Integrität als Konzept mit drei interdependenten Bedeutungsdimensionen: 1. Werthaltung Die integre Person wird beschrieben als „autonomous thinker“ (Kaptein und Wempe 2002: 90). Diese individuelle Dimension definieren die Autoren als Set von Werten und Normen, die eine Person als Identität beschreibt. 2. Selbstvergewisserung Als zweite Dimension wird die Fähigkeit einer Person verstanden, handlungspraktische Anforderungen in konsistenter Weise mit ihren Wertorientierungen ein Einklang zu bringen. Die Moderation innerer Anforderungen wird als authentische Integration von Werten, Handlungen sowie Handlungsfolgen, in Handlungsorientierungen aufgefasst. In dieser Bedeutungsdimension wird Integrität definiert als Prozess einer kontinuierlichen Selbstvergewisserung. 3. Fremdvergewisserung Die integre Person verhält sich außerdem in authentischer Weise sensibel gegenüber Anforderungen ihrer sozialen Umwelt und ihren Werthaltungen. Dieser Aspekt der Moderation äußerer Anforderungen erkennt die Einbettung von Personen in soziale Bezüge an. In dieser dritten Bedeutungsdimension ist Integrität eine Form der Fremdvergewisserung die Kaptein und Wempe beschreiben als „wholeness in the sense of being an integral part of something larger than the individual“ (Kaptein und Wempe 2002: 91). Nicht nur Individuen, sondern auch Kollektive, wie Unternehmen als Ganzes oder in Bezug auf Einzelbereiche, können Integrität als Werthaltung ausbilden. Integrität im unternehmensethischen Sinne ist die wertgestützte Verfolgung legaler und fairer Geschäftspraktiken. Wenn beobachtbares Verhalten auf eine authentische Wahrung dieser Werthaltungen in Handlungspraxis zurückgeführt wird, dann haben Personen oder Kollektive die Chance als integer bewertet zu werden. Integrität ist demnach ein Attribut, mit dem individuellen wie kollektiven Akteuren durch handlungsbedingende Normen, Selbst- und Fremdvergewisserung zugeschrieben wird. Integrität wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit aufgefasst als Werthaltung moralsensiblen Wirtschaftshandelns. Konstitutiv ist der Prozesscharakter der Selbst- und Fremdvergewisserung, d.h. Integrität wird durch beobachtbares Verhalten im Handlungsvollzug gezeigt. Sie kann individuellen wie kollektiven Akteuren zugeschrieben werden. |
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