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Das journalistische Interview
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8. Anfang und EndeDem Interviewer fällt eine schwierige Aufgabe zu, was Anfang und Ende – dem Ausstieg – des Interviews betrifft. Der Anfang des Interviews soll Aufmerksamkeit erzeugen, die Empfänger herein ziehen. Dies geschieht durch eine geschickte Anmoderation und eine spannende erste Frage. Ein guter Anfang allein führt aber noch nicht dazu, das Interview positiv zu beurteilen, dazu bedarf es vor allem eines guten Endes. Unsere Erfahrung ist, dass die Aufmerksamkeit durch einen guten Anfang erzeugt wird, das positive oder negative Urteil über das Interview jedoch durch das Ende. Anmoderation und erste FrageBei komplizierten Themen steht der Journalist vor dem Problem, wie er die grundlegenden Informationen übermitteln soll, die erforderlich sind, um das Interview zu verstehen. Hierzu bieten sich zunächst zwei Lösungen an: statt des Interviews einen gebauten Beitrag zu machen oder im Fernsehen einen Film zu diesem Thema vorweg laufen zu lassen. So fragte Sven Kuntze (ARD, „morgenmagazin“, 9. 12. 1996): Kuntze: „Im Studio Christa Dammermann von Terre des Hommes, Guten Morgen.“ Dammermann: „Guten Morgen.“ Kuntze: „Wir haben gerade diesen jungen Mann gesehen. Er sieht eigentlich ganz nett aus, gar nicht wie ein Sittenstrolch.“ Dammermann: „Aussehen tun Täter, die Kinder sexuell missbrauchen, in der Regel wie der gute Nachbar, wie der Ehemann, der Freund, wie Sie.“ Kuntze: „Wie ich? Das ist erschreckend.“ Dammermann: „Das ist einfach die Tatsache, dass die dickbäuchigen, widerwärtigen Männer, die wir immer so gerne als Monster, und die auch die Presse so gerne als Monster darstellt, dass es diese Männer in diesem Zusammenhang nur sehr selten gibt, weil nur nette Männer können Kontakte zu Kindern aufnehmen.“ Beide Möglichkeiten werden nicht immer gegeben sein. Wie also kann man dann verfahren? Ein Weg ist, in einer längeren Anmoderation diese Hintergrundinformation zu geben. Diese Lösung hat jedoch den Nachteil, Zeit zu kosten und unter Umständen keine Neugier für das Interview zu erzeugen. Wir schlagen daher vor, die Anmoderation nicht zu überlasten, sondern stattdessen wichtige Informationen den späteren Fragen voranzustellen: Der Interviewer arbeitet dann vor allem mit dem Fragetyp „Information plus Frage“. Ein Beispiel ist der Einstieg von Ulrich Wickert (ARD, „tagesthemen“, November 1996): Wickert: „Da kommen zu wenig Steuern herein, da werden Steuern abgeschafft, gesenkt oder erhöht. Da sollte es eine Steuerreform geben. Wer kann da schon den Überblick behalten, selbst Fachleute können sich kaum noch durchwurschteln. Nach dem Steuerchaos drohe die „steuerliche Apokalypse“, also der Weltuntergang, meint heute Jürgen Pinne, Präsident der Deutschen Steuerberater bei dem Jahreskongress seines Verbandes. Guten Abend, Herr Pinne.“ Pinne: „Guten Abend, Herr Wickert.“ Wickert: „Herr Pinne, was heißt hier Apokalypse?“ Pinne: „Ja, wir haben schon das Gefühl, dass wenn wir nicht endlich dazu kommen zu Steuervereinfachungen, zu Steuersenkungen, dass unser Steuersystem zusammenbricht in Bezug auf internationale Erfordernisse. Die Weltwirtschaft ist uns im Wachstum einen wesentlichen Schritt voraus, wir müssen auf diese Anforderung schneller reagieren und hinken hinterher. Wir müssen unser Steuersystem, unser Sozialabgabensystem gleichermaßen wettbewerbsfähiger machen.“ |
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