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Diskussion der Ergebnisse

In den Ergebnissen zu den Stakeholdern, Zielen und Instrumenten zeigen sich besonders deutlich die Eigenheiten des Kommunikationsmanagements von Clusterorganisationen. Von den Zielgruppen der Kommunikation her ist der Befund sehr eindeutig: Bei der über wältigenden Mehrheit der Clusterorganisationen gelten die Clustermitglieder als die wichtigste Stakeholdergruppe, die durch das Kommunikationsmanagement beeinflusst werden soll. Dies ist bei vier Fünftel der Organisationen der Fall. Deutlich weniger bedeutsam, aber immer noch relevant als Stakeholder sind Fördermittelgeber und staatliche Institutionen sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen. Medien und Journalisten sind im Vergleich dazu weniger häufig die primäre Zielgruppe des Kommunikationsmanagements, sondern nehmen v.a. eine Rolle als sekundäre Stakeholder ein. Damit unterscheidet sich die Gewichtung der Zielgruppen deutlich von denen anderer Organisationstypen wie etwa Hochschulen, wo Medien und Journalisten deutlich den ersten Rang unter den wichtigsten Zielgruppen einnehmen (vgl. Bühler et al. 2007: 105). Ein sehr ähnliches Bild liefern Bentele et al. (2005b: 90) in der Studie „Profession Pressesprecher“, in der Journalisten ebenfalls als wichtigste Stakeholdergruppe identifiziert werden.

Mit diesem Stakeholder-Profil wird deutlich, dass das Kommunikationsmanagement von Clusterorganisationen in der Regel primär auf die dauerhafte Einbindung der wichtigsten Stakeholder – Clustermitglieder, Fördermittelgeber und Kooperationspartner – zielt und damit auf die Unterstützung der Aufrechterhaltung des unmittelbaren Betriebs, anstatt auf eine möglichst große Außenwirkung und Sichtbarkeit sowie das Gewinnen neuer Mitglieder zu setzen. Als Organisation von mittlerer Lebenszeit scheint die Sicherung und dauerhafte Etablierung des Status Quo vor allen anderen Belangen zu stehen. Interessant ist in diesem Kontext jedoch, dass die Organisationen, für die Medien und Journalisten keine Stakeholder sind, signifikant häufiger rein privat finanziert sind. Dies könnte etwa darauf hindeuten, dass öffentliche Geldgeber von den Organisationen verstärkt auch Presseresonanz erwarten, während private Geldgeber womöglich andere Ziele verfolgen, etwa den Kontakt zu potentiellen Kooperationspartnern oder womöglich auch der Politik im Rahmen der Clusterorganisation. Dennoch lassen sich aufgrund geringer Fallzahlen hier keine eindeutigen Aussagen treffen. Die Hypothese lässt sich folgendermaßen formulieren:

H5: Wenn Clusterorganisationen öffentliche Förderung erhalten, dann sind Medien und Journalisten eher eine wichtige Zielgruppe der Kommunikation.

Aufschlussreich ist zudem das Ergebnis, dass Politiker signifikant seltener primäre Stakeholder der Kommunikation bei den Organisationen sind, die einen Wandel des Gebietsbezugs im Laufe ihres Lebens erfahren haben, d.h. eine Vergrößerung oder Verkleinerung, im Vergleich zu den Organisationen ohne Wandel des Gebietsbezugs. Politiker sind im Normallfall an bestimmte Gebietskörperschaften gebunden, etwa ihren Wahlkreis, die Stadt oder das Land, das sie regieren. Dies wird damit zusammenhängen, dass bei einer Änderung des Gebietsbezugs gleichzeitig die mit dem Gebiet verbundenen Politiker „verloren“ werden,

d.h. dass sie weniger Relevanz als Stakeholder besitzen.

Wie jede Organisation haben auch Clusterorganisationen Ziele – explizit oder implizit. Auf die Frage an die Kommunikationsmanager, welche Organisationsziele ihre Kommunikation beeinflussen, stellten sich als die im Schnitt wichtigsten Ziele die Vernetzung der Clustermitglieder untereinander und die Markenbildung für die Clusterorganisation heraus. Hier findet sich abermals ein deutlicher Unterschied zur Hochschul-PR (vgl. Bühler et al. 2007: 91) oder zu den Zielen von Pressesprechern (vgl. Bentele et al. 2005b: 84f.), bei denen vor allem die Entwicklung eines positiven Images oder von Vertrauen in die Organisation im Vordergrund steht.

Jedoch gibt es gerade beim Einfluss von Organisationszielen auf die Kommunikation bei einzelnen Zielen deutliche Unterschiede zwischen den Organisationen in Abhängigkeit von verschiedenen Einflussfaktoren. Für Clusterorganisationen aus dem Branchenkomplex Kreativwirtschaft/IT ist so etwa die Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen häufiger ein starker Einfluss auf die Kommunikation, während Clusterorganisationen der Automobilwirtschaft dies seltener als der Durchschnitt angeben. Dies kann damit zusammenhängen, dass in den verschiedenen Branchen ein unterschiedlicher Bedarf dafür gesehen wird, die jeweiligen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verändern. In einem relativ jungen Branchenkomplex wie Kreativwirtschaft/IT mag dabei ein noch größerer Anpassungsbedarf gesehen werden als in einer alten und etablierten Branche wie der Automobilwirtschaft. Dies führt zu der folgenden Hypothese:

H6: Je jünger der Branchenoder Themenkomplex ist, auf den die Clusterorganisation sich bezieht, desto wichtiger ist die Beeinflussung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als Kommunikationsziel.

Auch zwischen der Finanzierungsform und der Bedeutung einzelner Ziele gibt es deutliche Zusammenhänge: In Organisationen, die rein privat oder aber gemischt finanziert sind, ist das Wachstum der Clusterorganisation deutlich häufiger ein wesentliches Ziel, das einen Einfluss auf die Kommunikation ausübt, als bei rein öffentlich finanzierten Organisationen. Dies ist ein auch inhaltlich begründbarer Unterschied, da öffentlich finanzierte Organisationen nicht von Mitgliedsbeiträgen von einer möglichst großen Menge an Mitgliedern abhängen, gemischt oder privat finanzierte Organisationen aber schon.

H7: Wenn die Clusterorganisation privat oder gemischt finanziert wird, dann unterstützt die Kommunikation häufiger das Wachstum der Clusterorganisation.

Die Markenbildung der Clusterregion hat für 60,8 Prozent der Organisationen einen bedeutenden Stellenwert. Dieser Anteil ist in rein öffentlich finanzierten Organisationen ebenfalls signifikant höher als in rein privat oder gemischt finanzierten Organisationen. Hier mag als Grund das stärkere Interesse öffentlicher Geldgeber eine Rolle spielen, durch Clusterorganisationen auch immer einen Standort als Branchencluster zu etablieren und sichtbar zu machen, um so Ansiedlungen und Investoren anzulocken. Insofern korrespondiert dies mit der oben formulierten Hypothese H5.

Die wichtigsten Instrumente, die Kommunikatoren von Clusterorganisationen bei ihrer Arbeit einsetzen, sind in absteigender Reihenfolge Online-Kommunikation mittels Website und E-Mails, persönliche Begegnungen und persönlicher Austausch von Angesicht zu Angesicht sowie Veranstaltungen. Damit ergibt sich eine deutlich andere Reihenfolge der Instrumente als z.B. bei Bühler et al. (2007: 111) oder auch Zerfass et al. (2010: 68f.), wo die klassische Pressearbeit vorne liegt. Diese drei in Clusterorganisationen am häufigsten zum Einsatz kommenden Kommunikationskanäle sind alle keine PR-Instrumente im klassischen Sinn. Vielmehr geht es dabei um eine hohe Dichte der Kommunikation und den persönlichen Kontakt. Die Art der Kommunikation ist zweiseitig symmetrisch im Sinne des PR-Modells von Grunig (vgl. Grunig/Hunt 1984: 11ff). Erst danach folgen in ihrer Bedeutung die klassischen PR-Instrumente, die sich an Printund Online-Medien und an den Rundfunk wenden. Generell steht dabei die PR, die sich an Online-Medien richtet, noch vor den anderen Medien. Jedoch setzen öffentlich finanzierte Clusterorganisationen PR, die sich an Printmedien richtet, deutlich häufiger ein. Ein Grund hierfür mag der hohe Stellenwert sein, den Berichterstattung in Zeitungen und Zeitschriften in der politischen Sphäre zugemessen wird, aber auch, dass sich hier Berichterstattungen und damit Erfolg mittels breit etablierten Clipping-Analysen vergleichsweise leicht belegen lassen (vgl. Zerfass et al. 2010: 98; Bühler et al. 2007: 121). Insofern kann Presseberichterstattung bei öffentlich finanzierten Clusterorganisationen eine Rolle als härtere Währung einnehmen, um sich gegenüber den Fördermittelgebern zu legitimieren. Auch diese Erkenntnis unterstützt die Hypothese H5, die einen Zusammenhang zwischen öffentlicher Finanzierung und der Umsetzung des Kommunikationsmanagements in Clusterorganisationen formuliert.

Im Schnitt vergleichsweise selten werden neue Instrumente wie Social Media via Blogs, Twitter und Communities eingesetzt – weniger als eine von fünf Clusterorganisationen nutzt diese sehr häufig. Gerade bei diesen Formen der Kommunikation, die häufig in Echtzeit operieren und eine permanente Pflege benötigen, ist eine häufige Nutzung aber erfolgsentscheidend. Im Vergleich zum Einsatz von Social-Media-Instrumenten in anderen europäischen Organisationen und Unternehmen, wie er aus dem ECM 2010 deutlich wird (vgl. Zerfass et al. 2010: 76), ist dies ein geringer Wert: Dort wird von 26,7 Prozent der Befragten die Nutzung von Social Media als sehr wichtig erachtet. Gerade bei Social Media offenbaren sich aber auch branchenspezifische Unterschiede zwischen den Clusterorganisationen. Clusterorganisationen des Branchenkomplexes Kreativwirtschaft/IT nutzen signifikant häufiger Social Media in ihrer Kommunikation als Clusterorganisationen in den anderen Branchen. Hier wird vermutlich eine Rolle spielen, dass Akteure der Kreativwirtschaft/IT deutlich aufgeschlossener für neue Kommunikationskanäle und IT-basierte Medien sind als die Akteure anderer Branchen, so dass anzunehmen ist, dass sich branchenspezifische Muster des Kommunikationsmanagements hier auch in der Clusterorganisation wiederspiegeln. Daraus lässt sich die folgende Hypothese ableiten:

H8: Je mehr der Einsatz von Social Media in der Branche üblich ist, in der die Clusterorganisation aktiv ist, desto eher nutzt auch die Clusterorganisation selbst Social Media in ihrer Kommunikation.

Neben den branchenbezogenen Unterschieden werden aber auch regionale Unterschiede deutlich – in Nordeuropa setzen Clusterorganisationen danach signifikant häufiger Social Media ein, was auf eine andere nationale Kommunikationskultur oder eine größere Technik-Aufgeschlossenheit hindeuten mag. Vergleichbar verhält es sich auch im Fall von Corporate Publishing, was in Westeuropa signifikant häufiger eingesetzt wird als in den anderen europäischen Regionen. Corporate Publishing mag hier als PR-Instrument stärker etabliert sein, zudem ist es auch eine Frage der verfügbaren Ressourcen der Clusterorganisation. Diese Erkenntnisse korrespondieren mit der oben formulierten Hypothese H3: Unterschiedliche Kommunikationskulturen in den verschiedenen europäischen Regionen schlagen sich auch im Kommunikationsmanagement von Clusterorganisationen nieder.

Mit der Nutzung verschiedener Methoden der Stakeholder-Ansprache ist aber auch eine unterschiedliche Reichweite der Instrumente verbunden – Zerfaß spricht dabei von einer Integration im Nahbereich (unter Anwesenden) und einer Integration im Fernbereich (durch medienvermittelte Kommunikation) (vgl. Zerfaß 2004: 122f. und 208ff.). Die Umfrageergebnisse legen nahe, dass Clusterorganisationen im Hinblick auf ihre Mitglieder stark auf die Integration im Nahbereich setzen, d.h. auf Encounteroder Versammlungsöffentlichkeiten etwa im Rahmen von thematischen Veranstaltungen, Netzwerktreffen und Jahresversammlungen. Dabei geht es vor allem um den Aufbau von Sozialkapital und darauf aufbauenden verstärkten Kooperationen, die die persönliche Bekanntschaft benötigen.

 
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