Desktop-Version

Start arrow Medien und Kommunikationswissenschaft arrow Kommunikationsmanagement von Clusterorganisationen

  • Increase font
  • Decrease font


<<   INHALT   >>

Stellenwert

Das Kommunikationsmanagement ist eine von mehreren Funktionen, die eine Clusterorganisation in der Erfüllung ihres Organisationsauftrags ausfüllt, neben dem Mitgliedermanagement, Finanzmanagement oder Projektmanagement. Die Frage, welchen Stellenwert die Kommunikation im Vergleich mit allen anderen Angeboten der Organisation hat, gibt Auskunft darüber, ob Kommunikation eher in ihrer leistungserzeugenden oder ihrer unterstützenden Rolle in der Organisation konzipiert ist. Danach hat nur in fünf Prozent der Fälle die Kommunikation einen sehr hohen Stellenwert (vgl. Tabelle 45). In 59 Prozent der Fälle hingegen ist der Stellenwert eher hoch – womit bei rund zwei Drittel der Organisationen der Stellenwert eher oder sehr hoch ist. In 31,3 Prozent der Fälle hat Kommunikation einen mittleren Stellenwert. Die Fälle, in denen Kommunikation eher (3,6 Prozent) oder sehr gering (0,9 Prozent) gewichtet wird, sind nur nachrangig relevant.

Tabelle 45:

Stellenwert der Kommunikation

Ausprägung

n

Prozent

Sehr hoch

6

5,4%

Eher hoch

66

59,0%

Mittel

35

31,3%

Eher gering

4

3,6%

Sehr gering

1

0,9%

Gesamt

112

100, 0%

Frage: „How important is communication management in relation to all activities of your

cluster organisation?“, n=112, Ordinalskala

Es lässt sich jedoch feststellen, dass Kommunikation in öffentlich finanzierten Clusterorganisationen einen signifikant höheren Stellenwert als in privat finanzierten Organisationen hat (vgl. Tabelle 46).

Tabelle 46: Hoher Stellenwert der Kommunikation nach Finanzierungsform

Chi-Quadrat-Test, p:S0,05; Cramer's V: 0,26, n=112

In den Chi-Quadrat-Tests zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen konnten keine deutlichen Zusammenhänge zwischen Mitgliederzahl und Stellenwert der Kommunikation erkannt werden, ebenso wenig sind branchenspezifische Unterschiede beim Stellenwert der Kommunikation identifizierbar.

Diskussion der Ergebnisse

Für die Organisationsstruktur der Kommunikationsfunktion spielt zunächst einmal die Anzahl fester PR-Mitarbeiter eine Rolle. Das Ergebnis steht in einem Verhältnis zur Gesamtmitarbeiterzahl: In rund zwei Drittel aller Fälle haben die Clusterorganisationen nur einen oder noch weniger Mitarbeiter ausschließlich für die Kommunikation. Damit ist das Kommunikationsmanagement in Clusterorganisationen personell sehr gering ausgestattet. Dies ist sogar im Vergleich zur Hochschul-PR in Deutschland (Bühler et al. 2007: 65) ein geringer Wert – dort sind im Schnitt ein bis die Mitarbeiter für die Kommunikation zuständig.

Grundsätzlich gilt aber: Je mehr Mitarbeiter insgesamt angestellt sind, desto mehr sind auch für Kommunikation vorhanden. Hat eine Organisation mehr als fünf Mitarbeiter, ist dort signifikant häufiger auch mehr als ein Mitarbeiter ausschließlich mit PR beschäftigt. Dies lässt sich damit begründen, dass bei zunehmender Größe einer Organisation auch die Spezialisierung der einzelnen Mitarbeiter zunimmt, um Aufgaben effizient umzusetzen. Je mehr Mitarbeiter die Clusterorganisation hat, desto arbeitsteiliger werden auch die Aufgaben gelöst. Damit spiegelt die Organisation die Komplexität der Organisationsumwelt auch in ihren eigenen Organisationsstrukturen wider. In kleinen Clusterorganisationen mag der Clustermanager selber auch die Kommunikationsaufgaben wahrnehmen, in größeren Organisationen mit einer größeren Zahl festen Personals ist von spezialisiertem PR-Personal auszugehen.

Daraus folgt die Hypothese:

H1: Je höher die Mitarbeiterzahl einer Clusterorganisation, desto ausdifferenzierter ist auch das Kommunikationsmanagement.

Gleichzeitig scheinen in Organisationen, die einen Wandel vollzogen haben, jedoch eher mehr Ressourcen für Kommunikation bereitgestellt zu werden. Organisationen, die etwa einen Wandel des Branchenbezugs vorgenommen haben, haben heute signifikant mehr Mitarbeiter für Kommunikation als jene, die keine Veränderung erfahren haben. Für diesen Zusammenhang sind verschiedene Gründe denkbar. So wäre es möglich, dass eine Ausweitung des Themas auch gleichzeitig den Bedarf an mehr Kommunikation mit sich zieht, um das breitere Thema an die Stakeholder zu kommunizieren. Gleichzeitig besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass Organisationen, die ihren Branchenbezug erweitern, an sich besonders dynamisch sind und mit ihrer Umwelt und Veränderungen in ihr in engem Austausch stehen, so dass Kommunikation an sich dort einen höheren Stellenwert besitzt. Schließlich ist auch denkbar, dass Organisationen, die einen solchen Wandel vollziehen, bereits reifer und gefestigter sind und daher auch mehr PR-Personal haben als Organisationen, die noch keinen solchen Wandel vollzogen haben. Im Ergebnis folgt daraus die Hypothese:

H2: Je mehr Veränderungen eine Clusterorganisation durchläuft, desto höher ist auch der Stellenwert der Kommunikation.

Andere Faktoren beeinflussen nicht die Anzahl der PR-Mitarbeiter, d.h. es sind keine wesentlichen Muster erkennbar, ob etwa der Organisationstyp oder die Mitgliederzahl einen Einfluss haben.

Im Hinblick auf die Entscheider der Kommunikationsstrategie nimmt vor allem der Geschäftsführer der Clusterorganisationen eine dominante Rolle ein. In neun von zehn Fällen hat dieser einen sehr starken oder eher starken Einfluss. Dies kann im Kontext der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl gesehen werden, die meist unter fünf Personen liegt, wodurch der Geschäftsführer natürlicherweise eine herausragende Stellung in allen strategischen Entscheidungen spielt, also auch im Kommunikationsmanagement. Angesichts personell knapper Ressourcen kann es häufiger vorkommen, dass der Geschäftsführer häufig auch Kommunikationsmanager-Aufgaben wahrnimmt bzw. diese in Personalunion mit erledigt. Im Vergleich dazu hat ein hauptamtlicher Kommunikationsmanager nur in drei Viertel aller Fälle einen sehr starken oder eher starken Einfluss auf die Kommunikationsstrategie und damit deutlich seltener als der Geschäftsführer. Im Vergleich mit Studien, die auch die Rolle und den Stellenwert des Kommunikationsmanagers in europäischen Organisationen und Unternehmen untersuchen, ist dies ein durchaus üblicher Wert. So geben im European Communication Management Monitor (Zerfass et al. 2013: 87ff.) im Schnitt 75,7 Prozent der befragten Kommunikationsmanager an, eine Entscheiderrolle (executive influence) in der Organisation innezuhaben. Mit zunehmender Mitarbeiterzahl und zunehmendem Lebensalter der Clusterorganisation findet jedoch eine deutlichere Arbeitsteilung statt und der hauptamtliche Kommunikationsmanager gewinnt an Bedeutung und Einfluss. Dies korrespondiert mit der Hypothese H1.

Es gibt zudem weitere Faktoren, die die Rolle des Kommunikationsmanagers beeinflussen. Je nach Herkunft in Europa gibt es so etwa Unterschiede: in Nordeuropa haben Kommunikationsmanager eher einen höheren Einfluss als in Südeuropa. Darin mögen sich unterschiedlich institutionalisierte Berufsverständnisse von PR in den verschiedenen Teilen Europas ausdrücken, d.h. dass etwa in Nordeuropa die Ausübung der Kommunikationsfunktion v.a. als Management-Aufgabe verstanden wird und in Südeuropa eher als dienende und ausführende Funktion. Für diese unterschiedlichen Kommunikationskulturen in verschiedenen Regionen Europas liefert auch der European Communication Management Monitor (ECM) Anhaltspunkte. So lassen sich im ECM 2013 deutliche Unterschiede zwischen West-/Nordeuropa einerseits und Süd-/Osteuropa andererseits im Hinblick auf den Status der Kommunikationsfunktion oder das Ansteigen des Kommunikationsbudgets erkennen: In West-/Nordeuropa ist die Einschätzung durchgehend positiver (vgl. Zerfass et al. 2013: 94ff.). Eine ähnliche Tendenz zeigten bereits die Ergebnisse des ECM 2010, bei dem besonders in Nordeuropa die Rolle des strategischen Einflussnehmers auf Organisationsentscheidungen (strategic facilitator) sehr ausgeprägt ist, während in Südeuropa die Kommunikationsmanager deutlich häufiger in einer Rolle von isolierten Fachkräften (isolated experts) sind (vgl. Zerfass et al. 2010: 36ff.). Insgesamt lässt sich für Clusterorganisationen damit die Hypothese formulieren:

H3: Wenn die Clusterorganisation ihren Sitz in Westoder Nordeuropa hat, dann ist der strategische Einfluss des Kommunikationsmanagers in der Organisation höher als in Südoder Osteuropa.

In öffentlich finanzierten Organisationen nimmt der Kommunikationsmanager häufiger sehr stark oder eher stark Einfluss auf die Kommunikationsstrategie als in privat finanzierten. Dies ist in gewisser Hinsicht eine Umkehrung der Verhältnisse, wie sie im ECM 2013 beschrieben werden: Dort ist der Einfluss des Kommunikationsmanagers in öffentlichen oder Non-Profit-Organisationen deutlich geringer als in der Wirtschaft (vgl. Zerfass et al. 2013: 89). Das kann ein Indiz dafür sein, dass Kommunikation in öffentlich finanzierten Clusterorganisationen einen höheren Stellenwert besitzt als in privat finanzierten, was wiederum mit einem unterschiedlichen Verständnis dessen zusammenhängen mag, was durch eine Clusterorganisation erreicht werden soll. Entsprechend lautet die dazu formulierte Hypothese:

H4: Je mehr öffentliche Förderung in die Clusterorganisation fließt, desto wichtiger ist die Rolle des Kommunikationsmanagers in der Organisation.

Der Prozess der Ausgestaltung einer Kommunikationsstrategie ist jedoch in vielen Clusterorganisationen nicht sehr weit gediehen. Insgesamt geben nur etwas mehr als die Hälfte aller Clusterorganisationen an, eine Strategie zu besitzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass bei fast jeder zweiten Clusterorganisation die Kommunikationsaktivitäten strategisch nicht ausreichend fundiert sind. Im Vergleich zur Hochschulkommunikation, die Bühler et al. (2007) untersucht haben, ist dies zwar noch ein vergleichsweise guter Wert: Nur rund ein Drittel der dort befragten Hochschulen gaben an, über eine Kommunikationsstrategie zu verfügen (vgl. Bühler et al. 2007: 75f.). Im Vergleich mit anderen Organisationstypen, in denen PR schon länger professionell institutionalisiert ist, lässt sich darin aber eher ein geringer Wert annehmen. Röttger (2000: 261) hat etwa auch den Stellenwert von PRKonzeptionen in Unternehmen, Behörden und Non-Profit-Organisationen verglichen – im Schnitt ist eine PR-Konzeption und damit eine Kommunikationsstrategie in 74,1 Prozent der befragten Organisationen eher wichtig oder sehr wichtig. Von daher lässt sich annehmen, dass im Organisationsvergleich die Kommunikation von Clusterorganisationen als unterdurchschnittlich strategisch fundiert bezeichnet werden kann.

Dennoch wird der Stellenwert von Kommunikation durchaus anerkannt. Wenn auch nur ein kleiner Bruchteil der Organisationen Kommunikation einen sehr hohen Stellenwert beimisst, geben neun von zehn Organisationen einen mittleren bis eher hohen Stellenwert der Kommunikation an. Als Primäraufgabe wird Kommunikation damit nur sehr selten verstanden, jedoch wird ihre Rolle bei der Unterstützung der Leistungserstellung deutlich anerkannt. Auch hier jedoch lässt sich konstatieren, dass in rein öffentlich finanzierten Organisationen der Kommunikation deutlich häufiger ein hoher Stellenwert beigemessen wird als in rein privat finanzierten. Dies korrespondiert mit der oben formulierten Hypothese H4. Branchenspezifische oder vom Lebensalter abhängende Unterschiede im Stellenwert der Kommunikation sind indes nicht nachweisbar. So wäre zwar vermutbar gewesen, dass in der Kreativwirtschaft, in der Kommunikation und Medien selber den Kern der Wertschöpfung bilden, auch die Kommunikation innerhalb der Clusterorganisation einen höheren Stellenwert besitzt als in der Automobilwirtschaft oder Gesundheitswirtschaft, jedoch geben die Antworten der Teilnehmer darauf keinen Hinweis.

 
<<   INHALT   >>

Related topics