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Politik und Regieren in Niedersachsen
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5.2 Rechtsstellung und FunktionenTable of Contents:
5.2.1 Der MinisterpräsidentDie Landesverfassung kennt keine doppelte Exekutivspitze, die im parlamentarischen Regierungssystem regelmäßig aus einem Staatsoberhaupt und einem aktiven Regierungschef besteht. Deswegen wird dem Ministerpräsidenten eine Reihe von Funktionen eines Staatsoberhauptes wie eines Regierungschefs zugleich zugewiesen, wobei es mehr terminologische Spiegelfechterei ist, ob er deswegen auch „Staatsoberhaupt“ ist.120 Traditionelle Befugnisse eines Staatsoberhauptes, die vom Ministerpräsidenten wahrgenommen werden, sind die Vertretung des Landes nach außen gem. Art. 35 Abs. 1 NV, die vor allem im Verhältnis zum Bund und den anderen Bundesländern und weniger im Völkerrechtsverkehr (vgl. Art. 32 Abs. 3 GG) in Erscheinung tritt. Daneben tritt das Begnadigungsrecht nach Art. 36 Abs. 1 NV. Schließlich obliegt dem Ministerpräsidenten die Verkündung der Gesetze gem. Art. 45 Abs. 1 NV, ohne dass ihm ein Prüfungsrecht zusteht. Die Hauptfunktionen des Ministerpräsidenten kommen ihm als Regierungschef zu. Er bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 NV). Die Richtlinienkompetenz findet ihre Grenze in der Ressortverantwortung der einzelnen Minister (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 NV). Im Übrigen entzieht sich die Reichweite der Richtlinienkompetenz weitgehend rechtlicher Determination. Der Ministerpräsident führt in der Landesregierung den Vorsitz und leitet die Geschäfte nach der von der Regierung autonom erlassenen Geschäftsordnung (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 NV). Er beruft insoweit die Sitzungen ein und bestimmt die Tagesordnung. Zudem kommt dem Ministerpräsidenten die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung zu.121 Sie steht allerdings unter dem Vorbehalt der Bestätigung der Regierung durch den Landtag (Art. 29 Abs. 3 NV) und der Bewilligung der notwendigen Mittel durch das Parlament. 5.2.2 Die Regierung als KollegiumWie im Bund tritt neben Richtlinienkompetenz und Ressortprinzip das Kollegialprinzip, wonach die Regierung als Kollegium tätig wird. Dabei entscheidet die Regierung mit Stimmenmehrheit (Art. 39 Abs. 2 NV). Art. 37 Abs. 2 NV bestimmt insoweit die wesentlichen Zuständigkeiten. Abgesehen von den übertragenen Aufgaben und der angesichts der Kompetenzverlagerung auf den Bund bedeutsamen Bestellung der Vertreter im Bundesrat und der Frage der internen Koordinierung wird vor allem die Beteiligung der Regierung an der Normsetzung hervorgehoben, nämlich die Einbringung der Gesetzesinitiative sowie der Erlass von Rechtsverordnungen. Im Übrigen beschließt die Regierung auch über die Organisation der öffentlichen Verwaltung, soweit nicht Gesetze die Organisation regeln (Art. 38 Abs. 1 NV). Diese Aufgabe kann auch delegiert werden. Entscheidende Funktionen kommen der Regierung im Budgetrecht zu. Die Regierung verfügt über das faktische122 Initiativmonopol und kann ggf. das Nothaushaltsrecht gem. Art. 66 NV ausüben. Überund außerplanmäßige Ausgaben kann im Rahmen des Art. 67 NV der Finanzminister bewilligen und generell obliegt ihm der Haushaltsvollzug. Schließlich ernennt und entlässt die Regierung die Berufsrichter und Beamten (Art. 38 Abs. 2 NV), wobei die Befugnis auch delegiert werden kann. Da die Minister zugleich auch die Spitze der Exekutive bilden (vgl. Art. 56 NV), steht ihnen innerhalb der Verwaltungshierarchie ein umfassendes Weisungsund Aufsichtsrecht zu. Auf dieser Grundlage können sie auch jederzeit Verwaltungsvorschriften erlassen. Im Übrigen begründet Art. 60 Satz 1 NV einen Funktionsvorbehalt für Beamte, den der Staatsgerichtshof aber weitgehend entwertet hat.123 |
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