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Soziale Arbeit und Stadtentwicklung
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2 Stadträumlich – soziales, architektonisches und ökologisches KonzeptDie Bebauung erfolgte in vier Bauabschnitten. Der Stadtteil wurde in Kleinstparzellen untergliedert, die jeweils einzeln an möglichst viele Investoren und Bauherrn verkauft wurden. Augenfälligstes Merkmal sind im Zentralbereich die kompakten Viertel des mehrgeschossigen Mietwohnungsbaus. Zumindest im Innenbereich trägt dieses räumliche Grundgerüst als Blockrandbebauung und mit hoher Bebauungsdichte (vier Geschosse plus Attikageschoss). Hiervon erhoffte man sich eine größtmögliche Vielfalt der architektonischen Gestaltung sowie eine breite soziale Differenzierung der Bewohnerschaft. Öffentliche urbane Räume, die Fußgängern als Kommunikationsund Aufenthaltsbereiche dienen können, sollten zudem durch Verkehrsberuhigung und -minimierung entstehen. Weitere bauliche Grundbedingungen für urbanes Leben, nämlich für spezifische Lebensstile und bestimmte städtische Organisationsmuster gestaltete Milieus, ließ der Entwurf nicht erkennen. Diese mussten sich nach Ansicht der Planer von „selbst“ herausbilden und haben sich herausgebildet. In der Zwischenzeit ist im Zentrum mit seinen Läden, Cafés usw. ein attraktiver Ort urbanen Lebens entstanden. Private Räume unter freiem Himmel, wie z.B. Mietergärten, grenzen sich durch ihre Lage in den Blockinnenbereichen von den öffentlichen Räumen ab. Zu den Stadtteilrändern hin öffnet sich die Bebauung. Die hiesigen Punkt-, Zeilenoder Reihenhäuser weisen mit drei bzw. vier Stockwerken aber immer noch eine relativ hohe Geschossflächenzahl auf. Wie erwähnt, wurden im ehemaligen Rieselfeld zum Ausgleich neben den 78 ha dicht bebauter Fläche 238 ha als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Ein Konzeptschwerpunkt war, dass eine Vielzahl an Bauherren mit unterschiedlichen Architekten zum Zuge kommt. Das ließ sich nicht durchhalten. Aber auch der größte Investor (mit etwa 500 Wohneinheiten) erklärte sich bereit, an verschiedenen Standorten, in kleinen Einheiten und mit verschiedenen Architekt/innen zu arbeiten. Das Energiekonzept ist gekennzeichnet durch Ausrichtung und Abstände der Baukörper, die zwingende Vorgabe zur Niedrigenergiebauweise mit einem nachzuweisenden Energieverbrauchswert von 65 kWh/m² im Jahr – hier hat ein mehrjähriger Lernprozess für Verwaltung, Architekten, Ingenieure und die Bauwirtschaft nach dem Motto „Kommunikation statt Sanktion“ stattgefunden. Und für den gesamten Stadtteil wurde ein Regenwasserversickerungskonzept erstellt. Von den Neubürgern kamen 14% aus umgebenden Landkreisen. Der Zuzug aus dem übrigen Bundesgebiet (10,4 %) oder aus dem Ausland (1,0%) hat für das Rieselfeld weniger Gewicht als die 75% Neubürger aus der Gesamtstadt. Es ist Freiburgs jüngster Stadtteil mit einem Durchschnittsalter von ca. 28 Jahren. Fast jeder dritte Bewohner ist ein Kind oder ein Jugendlicher unter 18 Jahren. Im Erwachsenenalter dominieren die 35bis 55-Jährigen. Personen in der Nachfamilienphase sind (noch) unterrepräsentiert, der Anteil der Älteren (über 60 Jahre) ist mit ca. 9 viel niedriger als in der Gesamtstadt (ca. 20 %). Die Vielzahl an Familien (Ehepaare oder Alleinerziehende mit Kind(ern) hat zur Folge, dass nur jeder sechste Haushalt ein Einpersonenhaushalt ist, während die Gesamtstadt Freiburg 54% Einpersonenhaushalte aufweist. Mit ca. 9,5 % ist der Ausländeranteil geringfügig niedriger als in der Gesamtstadt (13%). Da allerdings ca. 26 % der Menschen einen Migrationshintergrund aufweisen, ist davon aus zu gehen, dass viele Bewohner aus den ehemaligen GUS – Staaten zugewandert sind. Aufschluss über die soziale Situation der Bewohner gibt unter anderem die Finanzierung und die Preisklasse der jeweiligen Wohnungen. Im ersten und zweiten Bauabschnitt (von 1994 bis 2008) wurde ein Drittel der Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus finanziert, d.h. dort ist ein Drittel der Haushalte zum Bezug von Sozialwohnungen berechtigt. Ein weiteres Drittel wurde mithilfe von Sonderförderprogrammen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus finanziert. Hier sind Mieter bezugsberechtigt, deren Einkommen bis zu 60% über dem für Sozialwohnungen definierten Einkommen liegt. Im ersten und zweiten Bauabschnitt entspricht die Bewohnerstruktur somit den ursprünglichen Zielen, nämlich der Schaffung preiswerten Wohnraums für sozial Schwächere bei gleichzeitiger sozialer Durchmischung. Nachdem die öffentlichen Mittel für den Wohnungsbau im Jahr 2000 gekürzt wurden, wurde für den dritten und vierten Bauabschnitt verstärkt selbst genutztes Wohneigentum geplant. Diese Neuausrichtung fiel zusammen mit der wachsenden Nachfrage nach Wohneigentum, vor allem durch junge, kinderreiche Familien sowie durch Paare, die etwas später in die Familienphase eingetreten waren, und den für Freiburg günstigen Grundstückspreisen im Rieselfeld. Mithilfe von Förderprogrammen, städtebaulicher Dichte, unterschiedlichen öffentlichen Freiräumen und einer Vielzahl von Haustypen wollte man im Rieselfeld vermeiden, dass sich Prozesse der Segregation und/oder der Gentrifikation einstellen. Vom Hausund Wohnungseigentümer bis zum Sozialhilfeempfänger sollte sich die Struktur der Gesamtstadt im Rieselfeld widerspiegeln. Zudem sollten vielfältige Versorgungseinrichtungen, unterschiedliche Sozial-, Kulturund Bildungseinrichtungen, Kirchen, Sportstätten, Dienstleistungen und Handel eine funktionale wie gelebte Durchmischung garantieren. Die beiden großen christlichen Kirchen waren von Anfang an präsent und spielen im alltäglichen Leben eine wichtige Rolle. Zudem setzte das 2004 fertiggestellte ökumenische Kirchenzentrum ganz neue Akzente. Unter dem Motto „Zwei Kirchen unter einem Dach“ wurde ein Bauwerk mit zwei Liturgieräumen realisiert, die durch das Öffnen der Wände als großer gemeinsamer Raum genutzt werden können. |
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