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Die "alte" und die "neue" NPD Eine vergleichende Betrachtung zu Gefahrenpotential und Profil

Armin Pfahl-Traughber

1 Einleitung und Fragestellung

Nach dem Einzug der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) in den sächsischen Landtag 2004 gab deren ehemaliger Vorsitzender Udo Voigt der Wochenzeitung "Junge Freiheit" (JF) ein viel beachtetes Interview. Darin äußerte er: "Es ist unser Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor fünfzehn Jahren die DDR abgewickelt hat." Und an anderer Stelle bemerkte Voigt: "Zweifellos handelt es sich bei Hitler um einen großen deutschen Staatsmann." Weniger Aufmerksamkeit als diese bezeichnenden Stellungnahmen fand eine Erläuterung der JF-Redaktion zur Geschichte der NPD im Begleittext:

"Unter von Thadden […] verfolgte die Partei einen betont bürgerlichen, rechtskonservativen und antikommunistischen Kurs. […] In den neunziger Jahren übernahmen […] zunehmend am Nationalsozialismus orientierte Kräfte die dahindämmernde Partei und sorgten für einen radikalen Kurswechsel. Aus der systemerhaltenden wurde eine systemalternative, völkische und sozialrevolutionäre Partei mit antikapitalistischer Attitüde." (Voigt 2004)

Diese Einschätzung ist gleich aus mehreren Gründen von Bedeutung: Erstens werden hier durchaus zutreffend ideologische und strategische Unterschiede zwischen der früheren und gegenwärtigen NPD konstatiert. Zweitens macht die JF ihre kritische Distanz zur Partei unter Voigts Führung deutlich. Drittens bewertet das Blatt die NPD der 1960er Jahre als rechtskonservative und systemkonforme Kraft. Und viertens artikuliert sie dabei ihre unverkennbare Sympathie zur Partei in dieser Entwicklungsphase. Entgegen der Darstellung handelte es sich aber auch bei der NPD in der von Thadden-Ära um eine rechtsextremistische Partei. Zwar bemühte sie sich öffentlich um ein rechtsstaatliches und systemkonformes Image, tatsächlich strebte man aber ein antipluralistisches und autoritäres Regime an. Die formale Distanz zu nationalsozialistischem und völkischem Denken spricht allein für sich nicht für eine demokratische Gesinnung. Insofern wirft diese Einschätzung auch ein bezeichnendes Licht auf die JF (vgl. Braun/Vogt 2007; Pfahl-Traughber 1998: 206–211).

Gleichwohl verdient die vergleichende Betrachtung der früheren und gegenwärtigen NPD im Kontext des deutschen Rechtsextremismus (vgl. Backes/Jesse 1993: 54–125; Dudek/Jaschke 1984; Pfahl-Traughber 2006a; Stöss 1989) aus zwei Gründen besonderes Interesse: Bei der NPD der 1960er Jahre handelte es sich um die bislang erfolgreichste rechtsextremistische Wahlpartei im Deutschland der Nachkriegszeit. Die komparative Perspektive liefert daher Kriterien für die differenzierte Einschätzung von Bedeutung und Gefahrenpotential der gegenwärtigen NPD. Die Partei verfügte im Zeitraum vor Mitte der 1990er Jahre über ein anderes ideologisches, organisatorisches und strategisches Profil. Gerade mittels einer vergleichenden Betrachtung der früheren und der gegenwärtigen NPD lassen sich so die spezifischen Konturen in ihrem aktuellen Erscheinungsbild besser verdeutlichen. Daraus leitet sich die zentrale Fragestellung der vorliegenden Erörterung ab, will sie doch aus der komparativen Perspektive Gefahrenpotential und Profil der Partei einschätzen.

 
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