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Von der Hochschulverwaltung zum Hochschulmanagement
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6.3 Dienstlicher Status und RekrutierungDer dienstliche Status der Verwaltungsleitung ist ein wesentlicher Bestimmungsfaktor seiner Stellung und institutionellen Verortung in der Organisation. Grundsätzlich lassen sich dahingehend grob drei Aspekte unterscheiden: 1) dienstlicher Status und Amtszeit, 2) die qualifikatorischen Voraussetzungen für das Amt, sowie 3) der vorgesehene Modus zur Auswahl und Ernennung der Verwaltungsleitung. Welche formalen Vorgaben wurden dazu in den LHG gemacht? 6.3.1 Dienstlicher Status und AmtszeitDie institutionelle Stellung der Verwaltungsleitung lässt sich durch ihre Abbzw. Unabhängigkeit in ihrem dienstlichen Status gegenüber der Hochschule und den staatlichen Instanzen beschreiben. Dahingehend wird bei einer unbefristeten Stellung der Verwaltungsleitung als Beamter auf Lebenszeit auf eine besonders (organisations-)unabhängige Konfiguration des Amtes geschlossen (Ludwig 1984: 39). Im Gegenzug ergibt sich bei einer befristeten Stellung als Beamter auf Zeit oder sogar als Angestellter eine stärkere Abhängigkeit von der für die Rekrutierung bzw. evtl. Bestätigung im Amt verantwortlichen Instanz sowie der Hochschule im allgemeinen (Ludwig 1984: 39; Leuze 1989). So lässt sich argumentieren, dass mit einer befristeten Amtszeit der Verwaltungsleitung ein Verwaltungshandeln einhergehen könnte, das stärker an den Opportunitäten und den originären Interessen der Organisation orientiert ist. Die Vorgaben in den LHG in den Gesetzesphasen 1971-1980 sowie 19811990 sahen in der Mehrheit eine unbefristete Amtszeit und einen Status als Beamter auf Lebenszeit vor (vgl. Tabelle 8). Nur in Baden-Württemberg (acht Jahre); Schleswig Holstein (neun Jahre); Bremen (zwölf Jahre) und später in Berlin (zehn Jahre) wurde die Amtszeit der Verwaltungsleitung in den frühen Phasen der Hochschulgesetzgebung befristet. Anders als die mit zwei bis vier Jahren in den Gesetzgebungsphasen 1971-2000 eher kurzen maximalen Amtszeiten der Präsidenten und der Rektoren übte die Verwaltungsleitung also in den meisten Fällen ihr Amt auf Lebenszeit aus. Im Hinblick auf die Beendigung der Amtszeit der Verwaltungsleitung beinhaltete lediglich das bayerische LHG seit der ersten Gesetzgebungsphase 1970-1980 eine explizite Vorgabe, die im Einverständnis mit der jeweiligen Hochschule eine Abberufung möglich machte. Diese bundesländerübergreifend unbefristete Stellung der Verwaltungsleitung als Lebenszeitbeamter ist jedoch im Zeitverlauf ab der Gesetzgebungsphase 1991-2000 zunehmend entfallen und findet sich in der letzten Gesetzgebungsphase 2001-2013 nur noch in Bayern sowie seit 2012 wieder in MecklenburgVorpommern (vgl. Tabelle 8). In allen anderen LHG wird für das Amt der Verwaltungsleitung nunmehr eine Befristung der Amtszeit und ein Status als Beamter auf Zeit vorgesehen (Franke 2010: 284ff.). Dabei zeigt sich, dass die Befristungen der Amtszeiten für die Verwaltungsleitung in den jüngeren Gesetzgebungsphasen vergleichsweise kürzer ausfallen und gegenwärtig zumeist der LHG eine sechsoder achtjährige Amtszeit üblich ist (vgl. Tabelle 8). Während die Amtszeiten der Präsidenten und Rektoren sowie der anderen hauptamtlichen Leitungsmitglieder tendenziell eher verlängert wurden, zeigt sich bei der Position der Verwaltungsleitung bzw. des Kanzlers und hauptamtlichen Vizepräsidenten also eine gegenläufige Entwicklung. Darüber hinaus wurde in der letzten Gesetzgebungsphase 2001-2013 in acht LHG die Möglichkeit einer vorzeitigen Abwahl der Verwaltungsleitung sowie die Möglichkeit einer Anstellung in einem öffentlichen oder privatrechtlichen Angestelltenverhältnis eingeführt (vgl. Tabelle 8). Damit sind nunmehr auch von Rechts wegen außertarifliche Vertragsbedingungen mit anderen Besoldungshorizonten möglich. Tabelle 8: Dienststatus und Rekrutierung der Verwaltungsleitung in den LHG
Min = Minister/ium Min* = Minister/ium kann übertragen Kur = Kuratorium HR = Hochschulrat K.V. = keine Vorgaben unbr = unbefristet befr = befristet BeaLbz = Beamter auf Lebenszeit Bea Zei = Beamter auf Zeit Ang. = Angestelltenverhältnis möglich Ab = Abwahl möglich Dieser deutliche Wandel des dienstlichen Status impliziert auch eine veränderte Stellung der Verwaltungsleitung, die damit in viel stärkerem Maße im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung ihrer Amtszeit von den jeweiligen Organen für die Auswahl oder Bestätigung im Amt abhängig wird (Knopp 2010: 111; Horst/Neyses 2007: 438). So wird befürchtet, dass ein Kanzler oder der für Verwaltungsangelegenheiten zuständige hauptamtliche Vizepräsident sich im Vorfeld einer Wiederwahl zu „politischen Versprechungen“ genötigt sehen könnte und damit seine Unabhängigkeit sowie Orientierung an Kontinuität beeinträchtigt würde (Horst/Neyses 2007: 438). Daher werden gegen eine Befristung der Amtszeit der Verwaltungsleitung und den Wegfall des Lebenszeitprinzips auch verfassungsrechtliche Gründe angeführt, da das „Lebenszeitprinzip nicht zuungunsten anderer Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums durchbrochen werden“ könne (Ludwig 1984: 40ff.; Knopp 2010; Ruffert 2010). Die Befristung der Lebenszeitanstellung für das Amt des Hochschulkanzlers würde demnach die Grundprinzipien des Beamtenethos im Sinne politischer Neutralität und der Ausrichtung an verwaltungsrechtlicher Objektivität als wichtigste Handlungsmaxime unterlaufen [1]. Zudem fällt mit der Befristung und der Stellung der Verwaltungsleitung als Beamter auf Zeit die institutionelle Gleichstellung gegenüber dem Präsidenten und anderen Mitgliedern des Leitungsgremiums weg, denn diese haben als Professoren zumeist eine auf Lebenszeit verbeamtete Stellung inne. Während in der traditionellen Konstellation der Hochschulleitungsorganisation gemäß den Vorgaben in den LHG bis 2001-2013 durch die unbefristete und verbeamtete Stellung der Verwaltungsleitung auf Lebenszeit beim Leitungswechsel der Rektoren und Präsidenten Kontinuität in der Organisationspraxis und ein institutionelles Wissen über die Organisation sichergestellt wurden, ist dies unter der veränderten Konfiguration durch die Befristung nicht garantiert. Auch im Hinblick auf den Dienstvorgesetzen der Verwaltungsleitung zeichnen sich seit der jüngsten Gesetzgebungsphase Veränderungen ab. Während in den LHG in den Gesetzgebungsphasen 1971-1980 und 1981-1990 mit Ausnahme von Bayern, Bremen und Hessen zumeist der für die Hochschule zuständige Minister oder aber, wie in Berlin, das politisch besetzte Kuratorium als Dienstvorgesetzter der Verwaltungsleitung fungierte [2], wird diese in den LHG der beiden letzten Gesetzgebungsphasen immer häufiger der Hochschulleitung oder dem Hochschulrat unterstellt (vgl. Tabelle 9). Insofern der Präsident oder Rektor als Dienstvorgesetzter vorgesehen wird, liegt nunmehr zumeist eine „dienstrechtliche und damit disziplinarrechtliche Unterstellung des Kanzlers unter den Präsidenten oder Rektor“ vor (Ludwig 1984: 26). Sowohl der Übergang zur befristeten Stellung der Verwaltungsleitung als auch die in den LHG mittlerweile häufiger vorgesehene dienstliche Unterstellung der Verwaltungsleitung bedingen damit eine stärkere Abhängigkeit von der Leitungsspitze und den Organisationsmitgliedern. Konfiguratorisch können beide Entwicklungen damit auch als Indiz für eine Stärkung der Organisation und die Orientierung an der hierarchischen Struktur ohne Kompetenzunklarheiten (Epping 1993: 165) im Sinne der beschriebenen post-bürokratischen Logik des Hochschulmanagements verstanden werden. Bei der Betrachtung im Zeitverlauf wird dabei deutlich, dass die Einführung der Befristung des Amtes der Verwaltungsleitung in den LHG nicht erst mit den jüngsten Umsetzungsreformen des NPM, sondern in vielen Bundesländern schon im Zeitraum 1991-2000 vorgesehen war. Tabelle 9: Dienststatus der Verwaltungsleitung in den LHG nach Bundesländern Dienstvorg. = Dienstvorgesetzter
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