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Start arrow Kultur arrow Die 101 wichtigsten Fragen

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88. Warum benötigt man einen Abtprimas, wenn doch jedes Kloster bereits seinen Vorsteher hat?

Notker Wolf: Es ist sehr schön, autonom zu sein, aber man kann an zu viel Autonomie auch zugrunde gehen. Um eine Einheit zu bilden, braucht man - vergleichbar dem Bundespräsidenten oder der Königin von England - einen Repräsentanten, der diese Einheit verkörpert.

Der Abtprimas kann nichts anordnen, sondern nur Vorschläge machen oder Bitten aussprechen. Wenn ich für die Benediktineruniversität Sant’Anselmo beispielsweise Professoren für die einzelnen Lehrstühle oder weiteres Personal benötige, kann ich nur «betteln» gehen und darum bitten, dass mir die Äbte geeignete Personen aus ihren Klöstern zur Verfügung stellen. Das gleiche gilt für Mitbrüder aus anderen Klöstern, die ich für bestimmte Aufgaben im Kloster Sant’Anselmo in Rom brauche. Da muss ich dann mit dem jeweiligen Abt verhandeln, und es wird je nach Sachlage entschieden. Sant’Anselmo ist zwar juristisch gesehen eine Abtei, hat aber keine eigenen Mönche; diese kommen zeitlich begrenzt aus anderen Klöstern. Momentan hat Sant’Anselmo rund 120 Bewohner aus 45 Nationen. Etwa zwei Drittel davon sind Mönche, die anderen Weltpriester.

89. Wieviel verdient ein Abtprimas?

Notker Wolf: Gar nichts, es gibt nur eine Aufwandsentschädigung für die Reisekosten und notwendigen Ausgaben unterwegs. Ansonsten arbeitet man für «Gotteslohn». Da die Ordensleute immer weniger werden und deshalb mehl' weltliches Personal eingestellt wird, das bezahlt werden muss, wird die finanzielle Situation von Sant’Anselmo inklusive der Universität immer schwieriger. Sant’Anselmo hat keine eigenen Einnahmen. Jährlich zahlt daher jedes Benediktinerkloster weltweit eine Art «Kopfsteuer» für jedes seiner Konventmitglieder an Sant’Anselmo in Höhe von momentan 35 Euro. Insgesamt haben wir in Sant’Anselmo ein jährliches Budget von zwei Millionen für laufende Kosten. Für Investitionen haben wir kein Budget, da muss ich als Abtprimas Gelder akquirieren, zum Beispiel bei Stiftungen und Privatpersonen. Auch meine eigenen Einnahmen in Foim von Büchertantiemen beispielsweise wandern in diesen Topf. Das fließt alles in die Renovierung von Sant’Anselmo, für die ich etwa zehn Millionen Euro benötige.

 
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