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Die 101 wichtigsten Fragen
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48. Was ist ein Schweigekurs?Vor wenigen Jahren buchte ich eine knappe Woche «Fasten und Schweigen» in einer fränkischen Benediktinerabtei. Fastenerfahrung hatte ich bereits, da ich jedes Frühjahr eine Heilfastenwoche im Kloster und eine weitere im Herbst zu Hause durchführe. Mit dem zusätzlichen Schweigegebot hatte ich mich, wie die frühen Mönche, auf den Weg der Askese eingelassen. Diese wollten sich innerlich und äußerlich reinigen, damit Gottes Geist den Leib ganz und gar durchdringe. Für mich war diese Erfahrung damals völlig neu und fast abenteuerlich. Was mir am Anfang besonders zu schaffen machte, war die Situation, mit fremden Menschen an einem Tisch zu sitzen und kein Wort wechseln zu dürfen. Wo sollte man hinschauen, wie sich verständigen und Mahlzeiten hinter sich bringen? Dieses Problem gab sich jedoch rasch, man verständigte sich mit einem Lächeln und mit Zeichen und empfand die Situation schließlich als ganz normal. Etwa nach zwei Tagen machte sich bei mir sogar Erleichterung breit, nicht Konversation machen zu müssen. Mir wurde klar, dass wir nicht nur im Laufe der Zeit sehr viele überflüssige Worte produzieren, mit denen wir wesentliche Dinge zudecken. Ich hatte plötzlich auch viel mehr Zeit zum Lesen, für Spaziergänge und zum Betrachten der Natur. An unserem letzten Tag brachen wir mit dem Fasten auch das Schweigen. Welche Überraschungen erlebte ich, als ich plötzlich mit den Menschen redete, die sich tagelang nur durch ihre Körpersprache ausdrückten. Wir waren irgendwie zusammengeschweißt, ohne miteinander gesprochen zu haben. Mir wurde klar, wie sehr man die anderen oft nur nach ihren Worthülsen beurteilt, ohne auf die Sprache ihres Körpers zu achten. Worte schütten manchmal die wichtigen Dinge zu, genauso wie zu reichhaltiges und häufiges Essen. Nach einer knappen Woche fuhr ich erleichtert an Körper und Seele nach Hause. |
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