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Die 101 wichtigsten Fragen
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38. Warum gibt es mehr weibliche als männliche Ordensmitglieder?Die Zahl der weiblichen Ordensmitglieder ist deutlich höher als die der männlichen. In Deutschland leben knapp 22.000 Ordensfrauen in 1739 Niederlassungen. Demgegenüber gibt es in der Bundesrepublik knapp 5000 Ordensmänner, die in 469 klösterlichen Niederlassungen leben. Es gibt bei uns also mehr als viermal so viele weibliche wie männliche Ordensmitglieder. Für diese große Diskrepanz gibt es verschiedene Gründe. Ganz wesentlich dafür ist die hohe Anzahl an Klostereintritten von Frauen in den 1950er Jahren bis Mitte der 1960er Jahre. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte Männermangel. Frauen, die möglicher weise sonst eine Familie gegründet hätten, suchten den Weg ins Kloster. So konnten sie in einer familiären Gemeinschaft und in sozialer Sicherheit leben. In den kinderreichen Familien der Nachkriegszeit war es nicht unüblich, dass eine oder manchmal auch mehrere Töchter einer katholischen Familie ins Kloster eintraten. Nach dem Frauenbild der damaligen Zeit waren sie so versorgt. Die Eltern konnten also beruhigt sein, dass ihre Töchter auch im Alter finanziell abgesichert und betreut sein würden. Hinzu kam, dass Berufe wie Lehrerin, Kindergärtnerin, Erzieherin oder Tätigkeiten in sozialen Einrichtungen in den 1950er Jahren vermehrt von Ordensfrauen ausgeübt wurden. Diese Berufsbilder hat man in der damaligen Zeit mit dem Kloster in Verbindung gebracht. Für so manche Frau, die sich in dieser beruflichen Richtung engagieren wollte, lag es deshalb nahe, ins Kloster einzutreten. Ende der 1960er Jahre nahm die Zahl der Klostereintritte deutlich ab. Dies lässt sich auch anhand der Altersstruktur belegen. Rund 83 Prozent der deutschen Ordensfrauen sind heute über 65 Jahre alt. Die höhere Zahl weiblicher Ordensmitglieder hat noch einen weiteren Grund. Für Frauen, die einen geistlichen Weg einschlagen wollten, gab es die Möglichkeit des Weltpriestertums nicht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Für Männer jedoch gab es immer die Alternative, ein zölibatäres Leben als Weltpriester zu führen. Die Alters Struktur sieht daher bei den männlichen Ordensmitgliedern deutlich anders aus: Nur 53 Prozent sind älter als 65 Jahre. Die Idee, als Frau im Kloster versorgt zu sein, spielt in unserer heutigen Gesellschaft so gut wie keine Rolle mehr. Zum Glück haben viele Frauen Berufe, die ihnen ein gesichertes Einkommen und damit finanzielle Unabhängigkeit bieten. Das schlägt sich bei den Klostereintritten nieder. Immer weniger Menschen treten ins Kloster ein, und zunehmend entscheiden sich Frauen - aber auch Männer - erst dann dafür, wenn sie bereits eine Berufsausbildung haben und sowohl berufliche als auch Lebenserfahrung sammeln konnten. Für sie ist die Aussicht, im Kloster versorgt zu sein, daher wohl von keiner oder nur von marginaler Bedeutung. So erklärt sich auch, dass es zur Zeit in den Frauen- und Männerorden etwa gleich hohe Novizenzahlen gibt - allerdings auf niedrigem Niveau. Der gesamte Ordensnachwuchs in Deutschland beläuft sich derzeit auf 101 weibliche und 94 männliche Novizen. |
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