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78. Frage: Was sollten Pflegende in der Begleitung von Menschen mit jüdischem Glauben bedenken?

Das traditionelle Judentum versteht sich als Einheit von Volks- und Religionsgemeinschaft, als »Volk Israel«. Für das nationale und religiöse Selbstbewusstsein des Judentums sind drei Überlieferungen von großer Bedeutung:

1. Dem Erzvater Abraham wurden Landbesitz und zahlreiche Nachkom

men verheißen als göttliche Garantie für dauerndes Bestehen in der Geschichte.

  • 2. Die Herausführung aus Ägypten und Befreiung aus der Sklaverei als Grundlage des Glaubens, das auserwählte Volk zu sein.
  • 3. Die Gottesbegegnung in der Wüste Sinai, bei der ein Bund zwischen »Jahwe« und Israel geschlossen wurde und das Volk dem Gottesrecht »Tora« unterstellt wurde. Hieraus entstand ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Das religiöse Leben und der Umgang mit den Geboten der Tora ist unterschiedlich: orthodoxe = strenggläubige, konservative und liberalreligiöse Juden.[1]

Zur Begleitung:

  • • Natürlich ist es erst einmal wichtig, mit den Menschen und ihren Angehörigen zu sprechen, um zu erfahren, was sie sich zum Ende ihres Lebens an religiösen Ritualen oder an religiöser Begleitung wünschen.
  • • In der jüdischen Lehre wird dem menschlichen Leben der höchste Wert beigemessen.
  • • Lebenserhaltung ist unbedingtes Gebot.[2]
  • • Nichtsdestoweniger ist die jüdische Tradition realistisch, was den Tod anbetrifft. Im Buch »Jüdisches Leben«[3] von Rabbiner Chajim Halevy Donin heißt es: »Wir alle werden sterben (...) Die Welt in der wir leben wird als Vorzimmer zu einer anderen Welt betrachtet ...«
  • • Das Gebot der Nächstenliebe erfordert Mitleid mit dem Leid anderer. Kranke zu besuchen, gilt als höchste Pflicht. Der Besuch soll ein Gebet einschließen, das Los erleichtern und einen günstigen Einfluss zurück lassen (ebenda).
  • • Das bedeutet, sich als Pflegekraft auf die Anerkennung dessen einzulassen und auch beim schwerkranken, sterbenden Menschen Besuche zu unterstützen (Das entspricht ohnehin der palliativen Haltung).
  • • Angehörige werden den Rabbiner benachrichtigen. (Bitte in der Zusammenarbeit mit den Angehörigen und Seelsorgern zusätzliche Informationen einholen).
  • • Bei der Versorgung der verstorbenen Person müssen bei gläubigen Juden unbedingt bestimmte Rituale eingehalten werden.

  • [1] Vgl. Bausewein et al. 2007
  • [2] Vgl. ebd.
  • [3] Verlag booksbagels.com 1987
 
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