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71. Frage: Was ist die »Spiritualität in der Pflege«?

In der Palliativpflege gehört die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragestellungen zum Arbeitsalltag der Pflegenden. Je nach Haltung der Pflegenden, Leitideen der institutionalisierten Versorgungsform, vorhandenen Strukturen und Abläufen wird mit diesen Fragestellungen umgegangen.

Dr. Sr. Liliane Juchli postulierte bereits in den 1980er Jahren die ganzheitliche Sicht der gepflegten Person - als Ganzheit und Einheit von Körper Seele und Geist - und schuf damit die Grundlage für ein Pflegeverständnis, das seinen Ursprung in den Humanwissenschaften, wie Philosophie, Psychologie und Theologie, hat. Im Rahmen von Pflege kommt es darauf an, die spirituellen Bedürfnisse des zu pflegenden Menschen anzuerkennen; sie wahrzunehmen und den Raum dafür zu schaffen, das sich der Mensch mit seinen Sinnfragen ernst genommen fühlt. Es kommt im Kontakt darauf an, eine empathische und verstehende Haltung einzunehmen (siehe Kapitel 2).

Für Helfer geht es nicht darum, die Identitäts- und Spiritualitätssymbole des Patienten zu bearbeiten, oder gar zu analysieren. Vielmehr will hier das »Geheimnis« des Menschen nur berührt werden. Es will aufmerksam wahrgenommen und durch die Resonanz des Helfers gewürdigt werden.[1] Es zeigt sich, das die großen - oft überfordernden Themen - wie die »Warum« Fragen, die Frage nach Sinn, Wahrheit und Hoffnung, über eine symbolische Kommunikation laufen[2] (siehe Kapitel 4). »Um etwas von dem zu äußern, was ihnen zumindest bedeutungsvoll ist, nutzen die Menschen die Bühne des Alltags: das Wetter draußen, das Buch auf dem Nachttisch, das Bild an der Wand, den Film im Fernsehen, die Fotos von der Familie, den Sport, die Operationswunde, die Kastanie, die der Enkel mitgebracht hat, ihre Reisen, ihren Beruf, Erinnerungen und aktuell Erlebtes. Im Gewand des Alltags kann alles eine Rückseite haben. Es kann zum Symbol für den Reichtum der Seele werden.«[3] So kann hinter dem Familienfoto an der Wand eben die ganze Geschichte eines gelebten Lebens stecken: mit all der Mühsal, aber auch all dem Stolz, der damit verbunden ist.

  • [1] Vgl. Weiher (2009). Das Geheimnis des Lebens berühren. Kohlhammer Verlag, Stuttgart
  • [2] ’09 Vgl. ebd., S. 128
  • [3] "0 Ebd., S. 84
 
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