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100 Fragen zu Palliative Care
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34. Frage: Wie erleben an Demenz erkrankte Menschen ihr Sterben?Da Menschen mit einer schweren, also fortgeschrittenen Demenzerkrankung ihre Lebenssituation nicht mehr beschreiben und anderen Menschen verbal mitteilen können, lassen sich die Untersuchungsergebnisse von McCarthy et al. nutzen, um über das Erleben nicht nur Vermutungen anzustellen. Hat der demenziell erkrankte Mensch Angst vor dem Sterben? Hat er vielleicht sogar Sterbe- oder Todesphantasien? Konkrete Antworten gibt es nicht, aber ich weise darauf an, dass man lange annahm, dass Menschen mit Demenz kaum Schmerzen haben. Diese Annahme ist zwischenzeitlich widerlegt. In meinem Ratgeber zum Umgang mit Menschen mit Demenz habe ich das Thema ebenfalls angesprochen[1] (siehe auch Frage 36). Obwohl also vermutet wird, dass Menschen mit hochgradiger Demenz kein Bewusstsein von Endlichkeit besitzen[2], ist es unerlässlich, ihnen im Sterbeprozess besondere Fürsorge zukommen zu lassen. Menschen mit einer Demenz brauchen einen Lebensraum, in dem sie sich als Person wertgeschätzt und mit ihren Bedürfnissen anerkannt fühlen. Wenn die Pflegenden und Helfer eine palliative Haltung (siehe Frage 16) entwickelt haben, können Menschen mit einer Demenz in einem Milieu leben, in dem sie sich aufgehoben und geborgen fühlen können, um auch dort in Frieden zu sterben. 35. Frage: Sterben Menschen mit Demenz anders?Zu dieser Frage habe ich eine Einrichtungsleiterin kontaktiert, die mir folgende Antwort gab. »Im Alltag unserer Einrichtung haben wir festgestellt, dass sich das Verhalten der Bewohner zum Ende des Lebens oft ändert. Auch ein Mensch mit einer Demenz kann sich in sich selbst zurückziehen und zum Beispiel die Nahrungsaufnahme ablehnen. Die Botschaft des Unterbewusstseins über den nahenden Tod erreicht unseres Erachtens nach jeden Menschen. Ein Mensch mit einer Demenz hat nicht die Möglichkeit, diese Botschaft zu ignorieren, zu negieren, sondern reagiert ganz direkt auf sie. Vielleicht kommen auch daher die Berichte über die plötzliche Klarheit am Ende des Lebens. Empirisch belegen lassen sich die Erfahrungen nicht. Sie basieren auf unseren Beobachtungen der Bewohner im agilen Zustand und ihren Veränderungen, die sich am Lebensende zeigen. Im Rahmen unserer Leitungsaufgabe sensibilisieren wir die Mitarbeiter für eine sorgfältige Verhaltensbeobachtung der bei uns lebenden Menschen. Neben dem Befinden wollen wir die auch zum Lebensende entstehenden Veränderungen, wie z. B. auch Schmerzzustände, erkennen.« Der erwähnte Rückzug korrespondiert mit der Sterbephase der Depression, wie sie Kübler-Ross beschrieben hat. Dies ist zumindest ein Hinweis darauf, dass Menschen mit Demenz durchaus wissen, dass sie sterben. Es ist eher die Unmöglichkeit der verbalen Mitteilung, die manchen Begleiter glauben lässt, ein Demenzkranker habe keine Ahnung seines Lebensendes. 1 Vgl. Lärm & Brinker-Meyendrisch (2009). Leben mit Demenz Selbstverlag Haus Schwansen Welches Assessmentinstrument lässt sich bei eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit... 47 |
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