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Ökonomische Urteilskompetenz

Die Vorstellungen zu Zielen des Wirtschaftsunterrichts, die in der Kategorie „ökonomische Urteilsbildung“ zusammengefasst wurden, nehmen im Vergleich zu den Bereichen „ökonomisches Fachwissen“ und „ökonomische Handlungskompetenz“ einen bedeutend kleineren Anteil in den Interviews ein. Zum einen äußerten die Lehrpersonen die Vorstellung, Wirtschaftsunterricht solle Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, sich in ökonomischen Sachfragen ein Urteil bilden zu können [1]. Dies gilt vor allem für das Verständnis von Wirtschaftsnachrichten in den Medien: „Das größte Ziel ist immer, dass so ein Schüler auch in der Lage ist, so eine Wirtschaftszeitung kompetent zu lesen und auch die Wirtschaftsnachrichten einzuordnen.“ (Interview XI, GYM) Zum anderen ist ein weiteres Ziel des Wirtschaftsunterrichts aus Sicht der Lehrpersonen, dass Schülerinnen und Schüler in ökonomischen Handlungssituationen kritisch sind, ökonomische Positionen und Meinungen und auch Interessen von beteiligen Akteuren in ökonomischen Kontexten hinterfragen [2]. Kritisch vor allem in ökonomischen Lebenssituationen zu sein, ist aus Sicht verschiedener Lehrpersonen eine Grundhaltung, die es zu vermitteln gelte. In dieser Vorstellung schwingt eine gewisse Wirtschaftskritik bzw. eine kritische Grundhaltung gegenüber wirtschaftlichen Zusammenhängen im Allgemeinen mit. Auch an diesem Beispiel zeigt sich eine gewisse Entfremdung einiger Lehrpersonen gegenüber Ökonomie und Ökonomik.

Im folgenden Beispiel wird deutlich, dass die Lehrperson an einer Realschule als eine Vorstellung zu den Zielen ihres Wirtschaftsunterrichts äußerte, Schülerinnen und Schüler sollten befähigt werden, verschiedene Interessen in ökonomischen Kontexten zu berücksichtigen und in ökonomischen Lebenssituationen kritisch zu reflektieren.

Ja, Unternehmen und auch aus, ja, verschiedene Interessen an Unternehmen, als Arbeitnehmer und da eben auch, dass wir die Schüler so ein bisschen darauf vorbereiten, auch Gewerkschaftsarbeit. Es kommt, finde ich, manchmal zu kurz. Also, der Wirtschafts-, manchmal hat man den Eindruck der Wirtschaftsunterricht bereitet die Schüler so sehr auf, wie soll ich sagen, schwer auszudrücken, also, dass sie auch kritisch damit umgehen, was passiert und nicht nur, wir kaufen, wir sind Konsumenten und, ja, so ein bisschen der kritische Umgang mit dem Ding. Im Unternehmen und als Konsument [...]. (Interview XIII, RS)

In diesem Interviewauszug wird außerdem ein gewisse Distanz deutlich: Der „Wirtschaftsunterricht“ würde die Schülerinnen und Schüler für ihre ökonomischen Rollen erziehen und sie nicht zu mündigen und kritischen Individuen bilden. Offen bleibt, welche Rolle bzw. Verantwortung sich die Lehrperson in diesem Prozess zuschreibt.

  • [1] Vgl. Interview IV, VII, VIII, IX, X, XI, XIV, XV
  • [2] Vgl.Interview IV, VIII, XIV, XV
 
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