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Wirtschaftsunterricht aus der Sicht von Lehrpersonen
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Vorstellungen sind stabil und nur erfahrungsbasiert veränderbarSowohl konzeptionell als auch empirisch gibt es Argumente und Belege für die Stabilität und die Veränderbarkeit von Vorstellungen (vgl. Kagan 1990. Die Frage, inwiefern beliefs stabil oder dynamisch sind, hat weitreichende Implikationen für die Erforschung von Vorstellungen und für den Umgang mit ihnen, beispielsweise in der (Unterrichts-)Praxis und der Lehrerbildung (vgl. Fives/Buehl 2012, S. 475). Vorstellungen gelten vor allem im Vergleich zu anderen kognitiven Konstrukten, wie beispielsweise Wissen, als eher statisch und schwierig zu verändern (vgl. Mansour 2009, S. 27). Begründet wird diese Stabilität unter anderem damit, dass Vorstellungen für Individuen eine Strukturierungsfunktion („Filter“) haben und ihre „Begegnung mit der Welt“ maßgeblich beeinflussen (Voss et al. 2011, S. 251). Um eine solche Funktion ausfüllen zu können, müssen Vorstellungen weitestgehend stabil sein, um verlässlich Orientierungsund Entscheidungshilfe sein zu können. Diese Veränderungsresistenz von Vorstellungen wird seit Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Konstrukt betont. Gleichzeitig zeigt die empirische Forschung bisher ein inkonsistentes Bild bezüglich der Veränderbarkeit von Vorstellungen (vgl. Schlichter 2012, S. 19). Vor dem Hintergrund der bisher empirisch belegten Ergebnisse ist jedoch davon auszugehen, dass Vorstellungen, durch Erfahrungen veränderbar sind und dass es sich hierbei um einen komplexen und nicht linearen Prozess handelt (vgl. Birke 2013; Sinatra/Chinn 2012, S. 268). Dies wird im Exkurs zu conceptual change in Kapitel 3.4 ausgeführt. Vorstellungen sind theorieähnlich, aber nicht widerspruchsfreiFür den Träger von Vorstellungen können diese eine ähnliche kognitive Funktion wie wissenschaftliche Theorien haben, weshalb sie vielfach auch als „subjektive Theorien“ bezeichnet werden. Vorstellungen werden dabei in Analogie zu wissenschaftlichen Theoriesystemen eine „quasilogische Struktur“ (Voss et al. 2011, S. 249) bzw. „innere Ordnung“ (Reusser et al. 2010, S. 480) zugesprochen. Ebenso wie wissenschaftliche Theorien dienen auch Vorstellungen dazu, Zusammenhänge zu erklären und zukünftige Geschehnisse zu prognostizieren (vgl. Klee 2008, S. 20). Um diese Funktion erfüllen zu können, müssen die Vorstellungen von ihren Vorstellungsträgern für wahr erachtet werden (vgl. Allenspach 2012, S. 77f.). Vorstellungen haben demnach Einfluss auf das Wahrheitsempfinden von Menschen [1]. Gleichzeitig gelten Vorstellungen als subjektiv und sind deshalb nicht immer widerspruchsfrei (vgl. Op't Eynde et al. 2002). Das bedeutet, dass Individuen auch gleichzeitig verschiedene konträre Vorstellungen haben können, die eben keine in sich konsistente Theorie bilden (vgl. u. a. Adler 1984, S. 27). Unter anderem in den Ergebnissen des Forschungsprojekts COACTIV [2] ist erkennbar, dass Lehrpersonen gleichzeitig sowohl konstruktivistisch geprägte Überzeugungen als auch eher transmissive Überzeugungen in ihren Vorstellungssystemen vereinen können (vgl. Voss et al. 2011, S. 249). Auch in den Lehrervorstellungsstudien von Bryan (2003), Heilmann (2001) und Norton et al. (2005) zeigt sich, dass Lehrpersonen sich widersprechende Vorstellungen zum Lehren äußern. Reusser, Pauli und Elmer (2010, S. 478) weisen außerdem darauf hin, dass Vorstellungen nicht nur widersprüchlich, sondern auch „fragmentarisch“ ausgebildet sein können. Dies bedeutet, dass einzelne Vorstellungen von Individuen sich nicht immer in konsistente Konzepte oder Vorstellungssysteme einfügen.
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